Rote Liste der Säugetiere in Deutschland: Kegelrobben mögen es ruhig

Eine neue Auflistung des Bundesamts für Naturschutz weist ein Drittel der Säuger-Arten als gefährdet aus. Aber es gibt auch den ein oder anderen Erfolg.

Eine große und eine kleine Robbe kuscheln auf einer Sandbank.

Für die Kegelrobbe haben sich die Lebensbedingungen in den vergangenen Jahren verbessert Foto: imago-images

BERLIN taz | Die Kegelrobbe ist wieder da. Seit einigen Jahren besiedelt das größte Raubsäugetier Deutschlands Lebensräume in Nord- und Ostsee, aus denen es zuvor vertrieben worden war. Auf der Roten Liste der Säugetiere, die das Bundesamt für Naturschutz (BfN) am Donnerstag in Bonn vorgestellt hat, wird die Art nun nur noch als „gefährdet“ eingestuft. Alle zehn Jahre veröffentlicht das BfN eine Bestandsaufnahme für Tiere, Pflanzen und Pilze, dieses Jahr sind die Säuger dran. Ihre Situation biete ein „durchmischtes Bild“, sagte BfN-Präsidentin Beate Jessel.

Deutschland beherbergt 1,8 Prozent der Säugetierarten der Welt, 97 Arten leben dauerhaft hier und wurden nicht eingeschleppt; sie werden kontinuierlich vor allem durch ehrenamtliche Experten beobachtet und gezählt. Zusammengefasst sagt die Rote Liste der Säugetiere, dass etwa ein Drittel der Arten ungefährdet lebt – wie der Maulwurf, das Reh oder der Fuchs. Ein weiteres Drittel der Säugetierarten hierzulande ist in seinem Bestand gefährdet. Die Übrigen sind in ihrem Bestand entweder sehr selten, verdienen eine besondere Beachtung, weil er sich negativ entwickelt – oder sind in den vergangenen 150 Jahren schon ausgestorben, wie der Tümmler oder das europäische Ziesel, ein rattengroßes Säugetier.

Unter anderem den Fledermausarten Graues Langohr, große Hufeisennase und Nymphenfledermaus, dem Luchs und dem Zwergwal droht dieses Schicksal ebenfalls. 20 weitere Arten sind gefährdet oder stark gefährdet. Vor allem die Fledermäuse leiden unter Wohnungsnot. Bei Gebäudesanierungen würden ihre Durch- und Einlässe verschlossen, der Verlust von naturnahen Wäldern machten ihnen das Leben schwer, so Jessel, weil sie alte Bäume mit Höhlen benötigten. „Wir brauchen eine naturverträglichere Land- und Forstwirstschaft“, sagte Jessel, „einen Rückgang der Flächeninanspruchnahme und eine naturverträglichere Fischerei.“

Es gibt allerdings auch Arten, deren Lebensbedingungen sich in den vergangenen Jahren verbessert haben. 17 Arten führt die Rote Liste auf, bei denen „Maßnahmen des Umwelt- und Naturschutzes wirken“, so Jessel. Neben dem Fischotter und dem Wolf gilt dies für die Kegelrobbe. Den bis zu 300 Kilogramm schweren Raubtieren haben vor allem eine bessere Wasserqualität in Nord- und Ostsee sowie neu eingerichtete Ruhezonen geholfen.

So beliebt wie Wölfe

Das Robbenzentrum Föhr päppelt deshalb jährlich nicht nur 30 bis 40 Seehunde, sondern seit einigen Jahren auch zwei bis drei Kegelrobben auf, die krank am Strand gefunden und ins Zentrum gebracht werden. Vor allem nach heftigen Stürmen würden die Tiere zu ihr gebracht, berichtet Zentrumsleiterin Janine Bahr-van Gemmert, denn die Jungtiere besäßen ein flauschiges Fell und müssten die ersten Wochen im Trockenen liegen, in Dünen oder auf Felsen. „Unter den Fischern ist die Kegelrobbe ähnlich beliebt wie der Wolf bei den Jägern“, sagt Bahr-van Gemmert, „sie fürchten die Konkurrenz.“ Dabei könnte man mit dem Beifang aus der Nordsee eines einziges Tages alle Seehunde und Robben der Nordsee ein Jahr lang ernähren, sagt die Tierärztin.

Bei der Vorstellung der Roten Liste verwies das BfN einmal mehr auf die Bedeutung der ehrenamtlichen Helfer. Nicht nur rund 50 Profis, sondern auch hunderte von „Artenkennerinnen und -kennern“ hätten die Artenzählung mit Hinweisen und Kartierungen möglich gemacht. Seit 2018 unterstützt das BfN die Ehrenamtler:innen mit einem Rote Liste Zentrum. Trotzdem gibt es noch immer Datenlücken: Über 6 Prozent der Arten trifft die Liste keine Aussagen, weil Daten fehlen. Und wie der Klimawandel sich auf die Lebensbedingungen der Tiere auswirkt, auch dazu fehlen bislang Daten.

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