Rot-grün-rote Regierung in Bremen: Ein klares Ökoprofil
Rot-Grün-Rot ist nun im Amt. Dass das Programm der Koalition sehr grün wirkt, ist vor allem Bausenatorin Maike Schaefer zu verdanken.
Vor dem Wahlkampf hatte sich die 48-jährige Biologin Schaefer mit klarem Ökoprofil gegen die 60-jährige Linnert in einer von der Basis erzwungenen innerparteilichen Urwahl durchgesetzt. Das ist bemerkenswert, denn kaum einer politischen Körperschaft fällt es schwerer als den Grünen, einen Generationswechsel zu vollziehen.
Das gilt besonders in Bremen, wo die Ökos vor 40 Jahren erstmals in einen deutschen Landtag eingezogen waren. Und man kann sich fragen, ob das von einem durchs Rotationsprinzip verursachten Partei-Trauma herrührt.
Die Ablösung gelingt immer nur unter Schmerzen. Vor zwei Jahren hatte mit Marieluise Beck, Wahlkreis Bremen I, die letzte Abgeordnete der ersten grünen Bundestagsfraktion abtreten müssen, weil klar war, dass sie in einer Kampfkandidatur gegen die jüngere Kirsten Kappert-Gonther unterliegen würde. Sie ist dann auch aus der Stadt weggezogen, und man muss sagen: im Groll.
Die SPD hatte bei der Landtagswahl in Bremen am 26. Mai das schlechteste Ergebnis seit Kriegsende eingefahren. Auf die Sozialdemokraten, die seit über 70 Jahren ununterbrochen den Regierungschef in Bremen stellen, entfielen 24,93 Prozent der Stimmen. Das waren 7,89 Prozentpunkte weniger als 2015.
Stärkste Kraft wurde erstmals die CDU mit 26,66 Prozent (plus 4,24 Prozentpunkte). Es folgten die Grünen mit 17,43 Prozent (plus 2,30), die Linken mit 11,32 (plus 1,78), die AfD mit 6,12 (plus 0,61) und die FDP mit 5,95 Prozent (minus 0,62). Die Grünen hatten sich gegen ein mögliches Jamaika-Bündnis mit CDU und FDP und für Rot-Grün-Rot entschieden. (dpa)
Unterschätzen wird Schaefer jetzt niemand mehr
Und Linnert, seit 1979 in der Landespolitik aktiv, seit 2007 Senatorin und damit das am längsten amtierende Mitglied der FinanzministerInnenkonferenz, hatte vergangenen Sommer noch nicht gedacht, dass Schaefer ihr gefährlich werden könnte.
In Schwalmstedt bei Limburg in Hessen geboren, hat Schaefer in Bremen studiert, sich auf Ökotoxikologie spezialisiert und sich mit einer Arbeit über Regenwürmer promoviert. Als einen großen politischen Erfolg kann sie die Abschaffung des Friedhofszwangs im Land Bremen vorweisen, gegen den erbitterten Widerstand der evangelischen Kirche und des ihr treu ergebenen damaligen SPD-Bürgermeisters.
Seit 2015 führte sie die Grünenfraktion und rieb sich mit dem Koalitionspartner SPD in Scharmützeln um Gründächer und Premium-Radwege auf. Ihr Debattenstil ist eher emotional, und manchmal hatte es den Eindruck, dass es dem SPD-Fraktionsvorsitzenden gerade deshalb Spaß machte, sie zu brüskieren.
Unterschätzen wird Schaefer jetzt niemand mehr: Im Wahlkampf hatte sie eine fast schon plakative Offenheit für alle Bündnisoptionen zur Schau getragen, im taz-Interview vom CDU-Spitzenkandidaten geschwärmt und beteuert, dass ihr Herz zwar links schlage, aber eine Koalitionsaussage dennoch nicht infrage komme: „Ob Rot-Grün-Rot möglich ist, hängt insbesondere daran, ob die Linke in der harten Realität begrenzter Mittel ankommen will“, hatte sie gesagt.
Das dürfte sie im stark linksdrehenden Bremen unterm Strich ein paar Stimmen gekostet haben – hat aber letztlich die Verhandlungsposition verbessert: Der Bremer Koalitionsvertrag trägt eine starke grüne Handschrift. Klimaschutz ist erkennbar als Querschnittthema etabliert, und mit dem Bauressort hat sich die Grünen-Frontfrau gegen Begehrlichkeiten der Linken auch den Zugriff aufs Wohnen-Thema gesichert – die große soziale Frage der Gegenwart. Und dass man die Schuldenbremse akzeptiert, die man in Bremen als Teil des Nachhaltigkeitsdiskurses etabliert hat, ist auch Konsens.
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