Rot-Rot streitet über öffentlich geförderte Jobs: Bluhm für weniger als 7,50 Euro nicht zu haben
Arbeitssenatorin Carola Bluhm weist die Kritik der SPD am öffentlichen Beschäftigungssektor zurück.
Der rot-rote Koalitionsstreit über den öffentlich geförderten Beschäftigungssektor (ÖBS) geht weiter: Vor dem für Dienstag geplanten Gespräch zwischen dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und Arbeitssenatorin Carola Bluhm (Linkspartei) zeigten sich beide Seiten unnachgiebig. Es bringe nichts, den Beschäftigten weniger zu zahlen als 1.300 Euro im Monat. "Damit schaffen wir nur zusätzliche Aufstocker und Lohndumping", sagte Bluhm am Montag zur taz. Wowereit hatte sich zuvor dafür ausgesprochen, die staatlichen Zuschüsse pro Kopf zu senken. Je mehr man dem Einzelnen zahle, desto weniger Menschen könne man in Arbeit bringen, so sein Argument.
Beim ÖBS verdienen Langzeitarbeitslose einen Mindestlohn von 7,50 Euro die Stunde, im Monat sind das 1.300 Euro. Finanziert wird das Projekt über arbeitsmarktpolitische Instrumente des Bundes, das Land legt zusätzlich Geld obendrauf. Zuletzt hatte der Bund drastische Kürzungen beschlossen. Um den ÖBS zu retten, wollte Bluhm die Bürgerarbeit von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nutzen. Bei diesem Programm verdienen Langzeitarbeitslose nur 900 Euro im Monat. Bluhm plante, den Lohn aus Landesmitteln auf 1.300 Euro aufzustocken.
Dann stellte sich die SPD-Spitze quer. "Die Kritik am ÖBS ist ja, dass dieses Programm einige wenige privilegiert, viele andere aber ausschließt", sagte Wowereit am Wochenende. Offenbar will er sich für die nächste Legislaturperiode nicht auf den ÖBS festlegen. "Jetzt müssen wir im Land beraten, welche Bindungen wir für die nächsten Jahre eingehen."
Für Bluhm ein Schlag ins Gesicht. Die Fortführung des ÖBS sei fest verabredet gewesen, so die Arbeitssenatorin. "Dabei geht es auch um Verlässlichkeit gegenüber den Beschäftigten." Über 2.300 Berliner könnten sofort loslegen, würde die SPD die Landesmittel freigeben. "Wir brauchen die Bürgerarbeit dringend, wenn wir die Zahl der ÖBS-Stellen bei 7.000 halten wollen", so Bluhm. Einen Verdienst von weniger als 1.300 Euro lehnt sie ab. "Dann müssten wir die Kosten der Unterkunft zahlen. Das bringt dem Land auch finanziell nichts."
Zwei viel gelobte Projekte des ÖBS gingen am Montag mit guten Nachrichten an die Öffentlichkeit: 32 neue Stadtteilmütter, die Kontakt zu türkisch- und arabischstämmigen Familien halten sollen, wurden in Neukölln offiziell begrüßt. Sie unterstützen die 63 Frauen, die bereits im Bezirk aktiv sind. Rund 100 Langzeitarbeitslose sollen ab April zudem behinderte und ältere Menschen im öffentlichen Nahverkehr begleiten, doppelt so viele wie in der Vergangenheit. Bislang würden diese ÖBS-Beschäftigten noch über andere Programme als die Bürgerarbeit finanziert, sagte Bluhm. Aber die Senatorin machte klar: Laufen diese Förderungen aus, kann es auch für so angesehene Projekte wie den Begleitservice eng werden.
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