Rot-Rot in Brandenburg: SPD stimmt Koalitionsvertrag zu
Und weiter geht es: Brandenburgs Sozialdemokraten haben für eine Neuauflage der Regierung mit der Linkspartei gestimmt. Die muss ein Ministerium abgeben.
POTSDAM dpa | Knapp zwei Monate nach den Landtagswahlen in Brandenburg ist die Neuauflage von Rot-Rot beschlossen. Mit deutlicher Mehrheit stimmten die SPD-Delegierten am Samstag auf einem Sonderparteitag in Wildau (Dahme-Spreewald) für den Koalitionsvertrag mit den Linken. Bei einem Mitgliederentscheid der Linken hatten zuvor mehr als 92 Prozent der beteiligten Mitglieder für die weitere Zusammenarbeit votiert. Die Linkspartei muss nach ihren herben Verlusten bei der Wahl ein Ministerium abgeben. Die Wahl von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und die Vereidigung des Kabinetts sind am Mittwoch im Landtag geplant.
Woidke und Linken-Landesvorsitzender Christian Görke stellten am Samstag auf Sonderparteitagen in Wildau und Potsdam die künftige Regierungsmannschaft vor. Der Wahlsieger SPD (31,9 Prozent) erhält dabei sechs Ministerien, eines mehr als bisher.
Neuer Innenminister soll Landrat Karl-Heinz Schröter (SPD) werden. Der 60-Jährige aus dem Landkreis Oberhavel übernimmt das Innenressort von Ralf Holzschuher (SPD), der aus dem Kabinett ausscheidet. Größte Herausforderung für den Neuen wird die Kreisgebietsreform mit einer deutlichen Verschlankung der Verwaltung. Das Thema gehört zu den vier Schwerpunkten des Koalitionsvertrages.
Streitthema Braunkohletagebau
Vor allem setzen SPD und Linke aber auf die Bereiche Bildung und Sicherheit. „Wir werden zum einen unserer Sozial- und Gesellschaftspolitik neue Impulse geben. Und wir werden zum anderen hart daran arbeiten, die Kriminalität in Brandenburg deutlich zurückzudrängen“, betonte Woidke. So soll es in den kommenden fünf Jahren 4300 neue Lehrer geben. Mehr Erzieher sollen die Betreuung in Kitas verbessern. Die Zahl der Polizisten im Land soll nicht unter 7800 Beamte sinken. Zudem sollen in die Infrastruktur 230 Millionen Euro fließen.
Umstritten bei den Linken ist das Bekenntnis zum weiteren Braunkohletagebau. Linken-Chef Görke räumte am Samstag Glaubwürdigkeitsprobleme bei diesem Thema ein. In dem Vertrag fehlt ein klares Bekenntnis zur Erweiterung des Tagebaus Welzow-Süd, obwohl die Partei stets den Ausstieg aus der Braunkohle gefordert hatte. Gleichwohl warb Görke für die weitere Zusammenarbeit mit der SPD. „Kompromisse gehören dazu, zu jeder Koalition“, betonte er.
Die Delegierten der Linkspartei wollten am Nachmittag über die künftigen Ministerposten aus ihren Reihen entscheiden. Nachdem sie bei der Landtagswahl auf 18,6 Prozent abgerutscht waren, dürfen die Linken nur noch drei statt zuvor vier Ministerien besetzen. Görke bleibt Finanzminister, Helmuth Markov Chef der Justiz, der das Verbraucherschutzressort dazu bekommt. Neu ins Kabinett zieht die Bundestagsabgeordnete Diana Golze ein, die das Ressort Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen übernehmen soll.
Weitere Neubesetzungen
Auch auf Seiten der SPD gibt es weitere Neubesetzungen: Der bisherige Staatskanzleichef Albrecht Gerber (SPD) wird neuer Minister für Wirtschaft und Energie. In der Regierungszentrale folgt ihm Innenstaatssekretär Rudolf Zeeb (SPD) nach. Günter Baaske (SPD) übernimmt das Bildungsressort, nachdem er jahrelang für Arbeit und Soziales zuständig war.
Der bisherige Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger (SPD) soll künftig das Agrar- und Umweltministerium führen. Seine bisherige Staatssekretärin Kathrin Schneider (SPD) im alten Ressort rückt an die Spitze des Hauses. Die parteilose Wissenschafts- und Kulturministerin Sabine Kunst bleibt für die SPD im Kabinett.
Die knapp 130 Delegierten der SPD stimmten mit deutlicher Mehrheit für den Koalitionsvertrag und das Regierungsteam. An diesem Montag soll der Vertrag nach Angaben eines Parteisprechers in Potsdam unterschrieben werden. Woidke bedankte sich für den „großen Vertrauensvorschuss“. „Jetzt geht es darum, den Koalitionsvertrag mit Leben zu füllen“, sagte er.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag