Rot-Grün-Rot in Bremen: Kein Selbstläufer
Wie gut werden die Koalitionsverhandlungen zwischen Rot-Grün-Rot in Bremen laufen? Fünf mögliche Konfliktlinien.
Hinzu kommt, dass Die Linke ihre Mitglieder zum Koalitionsvertrag befragen will und die Grünen fordern, bei den Verhandlungen auch Klimawissenschaftler*innen anzuhören. Ein Selbstläufer ist Rot-Grün-Rot trotz aller programmatischen Übereinstimmungen aber nicht. So gibt es ein paar Streitpunkte, etwa beim Thema Finanzen:
Unter der Führung der grünen Finanzsenatorin Karoline Linnert hat Bremen in den letzten zehn Jahren seinen Haushalt saniert – die Schuldenuhr läuft jetzt erstmals rückwärts. Die Grünen halten an der – in Landes- und Bundesverfassung verankerten – Schuldenbremse strikt fest. Die Linke wiederum hatte sie angesichts von Armut, Arbeitslosigkeit und Investitionsstaus in den vergangenen Jahren immer wieder scharf kritisiert. Nun muss die Linke sie verteidigen – und sich zugleich gegen parteiinterne Kritiker*innen wehren, die sagen: Wer die Schuldenbremse akzeptiere, unterstütze neoliberale Politik.
Weil des Weiteren alle Kreditdeals als unzulässige Neuverschuldungen gelten, ist ein wichtiges Anliegen der Linken gefährdet: die Finanzierung des Ausbaus der Schulen.
Auch in der Sache Weservertiefung gibt es unterschiedliche Positionen: Die SPD will weiterhin die Außen- und Unterweser vertiefen, weil das aus ihrer Sicht „notwendig“ ist, um die Wettbewerbsfähigkeit der bremischen Hafenwirtschaft zu sichern. Die Linke hingegen hält die Weservertiefung für erledigt, seit es einen unausgelasteten Tiefwasserhafen im nahen Wilhelmshaven gibt. Und die Grünen schreiben in ihrem Wahlprogramm unmissverständlich: „Wir bleiben hart: Mit uns gibt es keine Weservertiefung.“
Ähnlich verlaufen die Konfliktlinien im Falle des Offshore-Terminals Bremerhaven (OTB), das SPD und Grüne lange Jahre zusammen in einem Naturschutzgebiet geplant haben. Über ihn sollten dereinst Windräder aufs Meer verschifft werden. Doch die Grünen sind mittlerweile von dem 180 Millionen Euro teuren Projekt abgerückt, die Linken halten es für „überholt“ – und das Verwaltungsgericht Bremen hat den Bau zuletzt wegen Planungsmängeln untersagt. Inzwischen fehlt der Bedarf, sagen viele Expert*innen. Doch die SPD, gerade in Bremerhaven, hält bisher eisern am Prestigevorhaben OTB fest.
Auch beim Polizeigesetz gibt es Unstimmigkeiten: Die SPD will der Polizei gerne „neue Ermittlungsmöglichkeiten“ geben, insbesondere bei der Telekommunikationsüberwachung, die sie als „zentrales Instrument zur Aufklärung von Straftaten und zur Abwehr von Gefahren“ sieht. Außerdem würde sie gern die Videoüberwachung „ausweiten“ – Die Linke will sie dagegen „deutlich einschränken“. Und die Grünen haben ihr Ja zu Rot-GrünRrot mit einem Nein zu Staatstrojanern und Onlinedurchsuchungen verbunden. Sie sind klar gegen eine Verschärfung des Polizeigesetzes.
Schließlich das Thema Wohnungsbau: Zwar sind sich SPD, Grüne und Linke einig, dass mehr bezahlbare Wohnungen gebaut werden müssen. Die Frage, wo gebaut werden soll, hatte zwischen SPD und Grünen in der Vergangenheit jedoch für viel Streit gesorgt.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Nichtwähler*innen
Ohne Stimme