■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: Öffentlich-rechtliche Intrigen
Radio Bremen hat einen neuen Intendanten, und manche Leute sind richtig sauer über die Wahl. Obwohl die Findungskommission bis kurz vor Schluß dicht gehalten hat, sickerte immer wieder ein Name durch und fand sich als Lückenfüller in mehreren Zeitungen wieder: der von Jürgen Koerth, der zur Zeit niedersächsischer Regierungssprecher ist. Jürgen Koerth war tatsächlich ein Kandidat und soll beim Interview auch eine gute Vorstellung gegeben haben. Doch die Findungskommission hielt den NDR-Kulturchef Heinz Glässgen für besser. Da waren die Leute, die immer „Nehmt den Koerth!“ gerufen haben, erst richtig sauer. Sie streuten miese Gerüchte über Glässgen. Und es hätte mich nicht gewundert, wenn plötzlich gefälschte Krankenberichte aufgetaucht wären. Sie wissen ja: Der erste Nachfolger des Intendanten Karl-Heinz Klostermeier hatte im Frühjahr aus gesundheitlichen Gründen abgesagt. Und Radio Bremen braucht nicht nur einen guten, sondern auch einen gesunden Chef. Unter uns: Es hätte auch mal eine Chefin sein können!
Was aber hat die „Nehmt den Koerth“-Rufer so sauer gemacht über die Bremer Entscheidung? Beim Grübeln über die Antwort habe ich mir so manches graues Haar wachsen lassen. Doch ein Schulfreund aus Hannover hat mich gerettet: „Liebe Rosi“, hat er gesagt, „den Koerth wollten Leute aus seiner eigenen Abteilung wegloben, damit sie selbst Regierungssprecher werden können.“ Und außerdem, hat er gesagt, gibt es beim NDR in Hannover Leute, die sauer sind auf die in Hamburg. „Der Norddeutsche Rundfunk wird nämlich aus Hamburg regiert, und weil Hannover Messe-, Expo- und Landeshauptstadt ist, läßt man sich nicht gerne regieren.“
Und da ist mir ein Licht aufgegangen. Der NDR-Intendant Jobst Plog hat neulich gesagt: Wenn der NDR keine Vierländer-Anstalt wäre, sondern aus vier einzelnen Landessendern bestünde, dann gäbe es die drei nehmenden Anstalten in Hamburg, Kiel und Schwerin und eine gebende in Hannover. Kurzum: Die Niedersachsen bezahlen den NDR.
Deshalb träumt so mancher in Hannover und Bremen vom kleinen NDR Niedersachsen/Bremen. Die in Hannover hätten ihren Hauptstadtsender, und die in Bremen würden sich darüber freuen, daß der fiese Jobst Plog um Finanzausgleich betteln muß. Der SPD-Mann Jürgen Koerth mit seinen Berufserfahrungen beim NDR und seinen exzellenten Kontakten zur niedersächsischen Landesregierung wäre deshalb ihr Mann gewesen.
Doch die Findungskommission bei Radio Bremen bereitete diesen Träumern schon wieder eine Niederlage und entschied sich mit Heinz Glässgen für einen aus Hamburg. Sie wollen halt nichts mit dem wohlhabenden, erfolgreichen, aber schrecklich betulichen Landfunk aus Hannover zu tun haben, glaubt
Ihre Rosi Roland
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