piwik no script img

■ Rosi Rolands Bremer GeschichtenIndiskreter Charme

Im Übersee-Museum scheint's dieser Tage ja drunter und drüber zu gehen. Dabei war eigentlich alles klar: Kultursenator Schulte wollte der Belegschaft keinen Geschäftsführer Jahnke zumuten, den sie nach zweijähriger Probezeit für schlecht befunden hatte. Schließlich war auch Direktorin König eindeutig gegen eine Übernahme. Und aus dem Kulturamt kamen auch keine begeisterten Hilfstruppen für den ungeliebten Geschäftsführer herbeigeeilt.

Da konnte Kollege Hartmut Perschau sich auf den Kopf stellen und mit den Beinen Hurra schreien. Ihm hatten die zwei Jahre nämlich gut gefallen: Er hatte einen Mitarbeiter von der Lohnliste, dessen „Projekte ausgelaufen“ waren. Und gleichzeitig einen „eigenen“ Mann im Museum – in keine andere Kultureinrichtung hatte das Finanzressort so exakten Einblick wie bei Übersees. Dass auch die Sozialdemokraten zufrieden waren, einen verdienten Parlamentarier im Trocknen zu sehen – Perschau konnt's recht sein.

Aber wie gesagt, Schulte ließ nicht mit sich reden. Jahnke sollte gehen. Der Text für die neue Ausschreibung lag schon in der Schublade. Alles klar – eigentlich. Bis zu jenem Morgen im November, als Bernt Schulte vor Schreck die Zeitung aus der Hand fiel: König verlässt Bremen, stand da zu lesen. Schon zum ersten März solle sie Direktorin des Berliner Völkerkundemuseums werden. Ein Schlag ins Kontor, Schulte stiegen die Schweißperlen auf die Stirn: „Führungslos“, schoss es ihm durch den Kopf, „das Übersee-Museum führungslos!“ Das konnte nicht sein. Schulte gab sich geschlagen. Als der Vertreter des Finanzressorts in der nächsten Stiftungsratssitzung wieder den abgelehnten Jahnke aus dem Hut zauberte, stimmte Schulte widerwillig zu. Zur Sicherheit baute er lediglich eine Befristung des Vertrags auf ein Jahr ein.

Fragt sich nur, wie Interna aus dem Berliner Berufungsverfahren an die Öffentlichkeit gelangt sind. Gegen die Stiftung Preußischer Kulturbesitz sind Schweizer Bankiers geschwätzige Waschweiber. Aber über derart hochkarätige Posten entscheidet eine Bund-Länder-Kommission mit. Und ein Finanzsenator dürfte über Kanäle verfügen, über deren Ideen informiert zu werden. Da ist der Weg zur Presse nicht mehr weit, wenn damit eine wichtige, strittige Personalentscheidung gekippt werden kann. Übrigens: Von Königs Wechsel zum ersten März war später nie wieder die Rede. Sie bleibt nun bis Mai in Bremen. Da bleibt genug Zeit für eine Nachfolgeregelung. Aber leider war Schulte schon umgefallen. Schade, findet

Ihre Rosi Roland.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen