Ronald Pofalla und die Bahn: Aufsichtsratschef weiß von nichts
Nach dem Bekanntwerden der Pläne des CDU-Politikers Ronald Pofalla äußerst sich der Bahn-Aufsichtsratschef Felcht. Kritik kommt nicht nur aus der Opposition.
BERLIN rtr/dpa/afp | Die hitzige Debatte über angebliche Pläne für einen Wechsel des früheren Kanzleramtschefs Ronald Pofalla in den Vorstand der Deutschen Bahn ist um eine Facette reicher geworden. Der Aufsichtsratschef des Staatskonzerns, Utz-Hellmuth Felcht, erklärte, dem Aufsichtsgremium sei nichts über Pläne bekannt, dass der DB-Vorstand erweitert oder dass ein neues Ressorts geschaffen werden soll. Sein Kollege Klaus-Dieter Hommel, ebenfalls Aufsichtsratsmitglied der Bahn, sagte der Welt am Montag: „Zunächst würden wir gern wissen, warum überhaupt noch ein weiterer Vorstandsposten geschaffen werden muss“. Die Personalie sei seitens der Bahn noch nicht entscheiden.
Ausgangspunkt der Diskussion um Pofalla waren Berichte, nach denen der CDU-Politiker als Chef-Lobbyist in den Vorstand der Bahn einziehen soll. Die Saarbrücker Zeitung hatte gemeldet, für Pofalla werde ein entsprechendes Ressort geschaffen. Er könnte bei der nächsten Aufsichtsratssitzung im März ernannt werden. Eine Bestätigung für diese Berichte hatte es zuvor allerdings weder seitens des Politikers noch der Bahn gegeben.
„Der Aufsichtsrat der DB AG hat nach der Bestellung von Frau Dr. Heike Hanagarth zum Vorstand Technik im Rahmen einer außerordentlichen Sitzung des Aufsichtsrats im Juli 2013 und der turnusmäßigen Wiederbestellung der Herren Vorstände Ulrich Weber als Vorstand Personal und Gerd Becht als Vorstand Compliance, Datenschutz, Recht und Konzernsicherheit in den letzten turnusmäßigen Sitzungen des Aufsichtsrats keine Kenntnis von Überlegungen zur Erweiterung des DB-Vorstands beziehungsweise zur Bildung neuer Vorstandsressorts“, hieß es in der Erklärung Felchts. Ob mit dieser Erklärung ein Wechsel Pofallas zur Bahn vom Tisch ist, ist bislang nicht bekannt.
Zudem hagelte es auch aus den Reihen der Politik weiter Kritik. Der deutsche EU-Kommissar und ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) hat strengere Vorschriften für den Wechsel ranghoher Politiker zu Unternehmen gefordert. „Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass es klare Regeln für einen Wechsel von Regierungsmitgliedern in die Wirtschaft geben sollte“, sagte Oettinger der Zeitung Die Welt. Er erinnerte an Brüsseler Vorgaben. Ein Kommissar müsse „eine Abkühlungsphase von 18 Monaten durchlaufen, bevor er bei einem Unternehmen einsteigen kann, das mit seinem bisherigen Aufgabengebiet zu tun hat“.
Die Grünen sprachen von einem Versorgungsposten für Pofalla. „Es drängt sich auch die Frage auf, ob sich die Bahn nun nachträglich dafür bedankt, dass sich die alte Regierung so stark für Stuttgart 21 eingesetzt hat“, sagte Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt der Welt. Fraktionsgeschäftsführerin Britta Haßelmann sagte der Rheinischen Post: „Es kann nicht sein, dass die Bundesregierung jetzt so tut, als habe sie mit dem Wechsel nichts zu tun, nur weil er seit ein paar Wochen dem Kabinett nicht mehr angehört.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid