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Robert Zion tritt bei den Grünen ausAbschied eines Hoffnungsträgers

Der einst linkslibertäre Parteirebell Robert Zion kündigt seinen Austritt an. Zustände und Personen in der Partei seien für ihn untragbar.

Fremdelt mit den Grünen: Robert Zion hier bei der Bundesdelegiertenkonferenz 2007 Foto: dpa

BERLIN taz | Warum er ausgerechnet jetzt die Grünen verlassen will? Robert Zion gibt sich zugeknöpft. Nein, eine mündliche Stellungnahme sei von ihm nicht zu bekommen. Er werde sich dazu „nur schriftlich“ äußern, teilt er der taz kurz angebunden mit. Nicht einmal die Frage, wann er genau austreten wird, gibt der 50-jährige Linkslibertäre preis. Vor der Versendung des formalen Abschiedsschreibens wolle er noch „eine Reihe von Stellungnahmen und Artikeln verfassen, die die Entwicklung der Partei zu den untragbaren Zuständen und Personen heute erläutern werden“, verrät Zion aber auf Facebook.

Dabei wollte der gelernte Koch und diplomierte Sozialwissenschaftler vor einem Jahr noch einmal ganz groß herauskommen. Vollmundig kündigte er damals seine Bewerbung um die grüne Spitzenkandidatur zur Bundestagswahl 2017 an. Er wolle „großen Teilen der Grünen-Basis eine Stimme geben – und auch vielen anderen Menschen außerhalb der Partei“, sagte der Parteirebell selbstbewusst der taz.

Seine Kandidatur richte sich „gegen den Stillstand in Europa, der letztlich auf einen Zerfall des sozialen Zusammenhalts, der Demokratie und der Friedensordnung hinauslaufen wird“. Große Worte, denen allerdings keine großen Taten folgten. Irgendwann beerdigte er non­cha­lant seine hochtrabenden Pläne.

Zions Hochzeit bei den Grünen liegt schon länger zurück. Auf der Göttinger Sonderbundesdelegiertenkonferenz im September 2007 hatte er seinen ganz großen Auftritt. Damals lehrte der Hobbyphilosoph die grüne Nomenklatura beinahe im Alleingang das Fürchten, als er die Mehrheit der Delegierten zu einer Ablehnung des Afghanistan-Einsatzes ­bewegen konnte.

Zion avancierte zu einem kleinen Medienstar und Hoffnungsträger der Parteilinken. Nicht wenige glaubten, in dem seinerzeitigen Kreisschriftführer der Gelsenkirchener Grünen ein politisches Talent entdeckt zu haben, dem eine große politische Karriere bevorstünde. Er selbst sah das wohl auch so. Es kam anders. Seine Versuche, ein Bundestagsmandat zu ergattern, scheiterten grandios. Zu mehr als einem Beisitzerposten im Landesvorstand der NRW-Grünen reichte es nicht.

Zuletzt hatte Zion immer stärker an seiner Partei gezweifelt. „Die Grünen fallen in Wirklichkeit für jegliche progressive Mehrheit aus“, schrieb er Mitte Juni auf Facebook. Anfang August konstatierte er: „Die konservative Wende bei den Grünen in ihrem Lauf, die halten weder Ochs und Esel auf.“ Wohin es ihn wohl ziehen wird?

Der Landeschef der nordrhein-westfälischen Grünen, Sven Lehmann, bedauerte die Entscheidung seines früheren Vorstandskollegen. „Es ist immer schade, wenn kluge Menschen die Grünen verlassen“, sagte Lehmann der taz. „Das gilt besonders für Robert Zion, den ich menschlich und politisch sehr schätze.“ Dessen Behauptung, die Grünen seien keine soziale und emanzipatorische Kraft mehr, teile er jedoch nicht. „Beim Kampf um unsere offene Gesellschaft kommt es vielleicht mehr den je auf Grüne an“, so Lehmann.

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