Rivalisierende Regierungen in Libyen: Schattenregierung in Tripolis gibt auf
Die neue Einheitsregierung für Libyen bekommt Rückenwind. Die islamistische Schattenregierung will sich zum Wohle des Landes zurückziehen.
Libyen war nach dem Aufstand 2011 gegen den langjährigen Präsidenten Muammar al-Gaddafi im Chaos versunken. Nach dessen Sturz und Tötung bildeten sich zwei rivalisierende Regierungen, die islamistisch dominierte in Tripolis, und eine international anerkannte in Tobruk im Osten des Landes. Teile beider Kabinette stimmten nach monatelanger UN-Vermittlung der neuen Einheitsregierung zu. Andere lehnen sie allerdings ab. Auch zahlreiche örtliche Milizen üben Widerstand.
Der Westen sieht die neue Einheitsführung indes als beste Chance auf ein Ende des Konflikts in Libyen. Deren Vorsitzende Fajes al-Sarradsch traf vergangene Woche an Bord eines aus Tunesien kommenden Schiffes in Tripolis ein, wo er mit Mitgliedern des sogenannten Präsidialrats in einem Marinestützpunkt einen vorübergehenden Regierungssitz einrichtete.
Doch drohten die rivalisierenden Gruppen den Neuankömmlingen. Die islamistische Regierung hatte Serradsch zudem die Landung auf dem Flughafen verwehrt, weshalb er per Schiff kam.
EU-Sanktionen
Wegen Behinderung der Arbeit der neuen Einheitsregierung belegte die Europäische Union drei deren Gegner zuletzt mit Sanktionen. Betroffen war unter anderem Agilah Saleh, Parlamentspräsident in Tobruk sowie der Regierungschef der nun zurückgetretenen islamistisch geprägten Schattenführung in Tripolis, Chalifa Ghweil.
Der Leiter von Ghweils Büro, Hassan al-Sgear, sagte, dem Beschluss zum Rückzug der Regierung seien Beratungen mit dem neuen Kabinett über Wege vorausgegangen, wie das Blutvergießen im libyschen Bürgerkrieg beendet werden könne.
Der Westen hofft, dass die von libysche Übergangsregierung das Land einen und die zersplitterten Gruppen auf ein geschlossenes Vorgehen gegen den aggressiven Ableger der Terrormiliz Islamischer Staat einschwören kann. Der örtliche IS-Arm hat die am Mittelmeer gelegene Hafenstadt Sirte eingenommen. Vor Ort arbeiten Spezialeinheiten der US-Armee mit libyschen Kräften zusammen, US-Kampfjets haben Luftangriffe ausgeführt.
Libyschen Beamten zufolge sind inzwischen auch kleine Kommandos aus Frankreich, Großbritannien und Italien im Land, um Milizen im Kampf gegen den IS in der östlichen Stadt Bengasi zu unterstützen. Diese Länder haben ihre Präsenz in Libyen nicht bestätigt.
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