: Riskante Wissenschaft
betr.: „Gefährliche Zwickmühle“ (Professoren-Dienstrecht), taz vom 30. 5. 01
Der bisher beste Artikel zu diesem Thema! Er ist lediglich ein wenig unscharf im Hinblick darauf, wer eigentlich benachteiligt wird.
Es sind nämlich nicht nur die Habilitanden, sondern auch die jungen Habilitierten, die besonders in den Kulturwissenschaften in einer langen Warteschleife stecken. Es hängt mit einer verfehlten Wissenschaftsplanung zusammen, dass in Geschichte, Germanistik, Philosophie und einigen anderen Wissenschaften die Zahl der habilitierten Wissenschaftler diejenige der freien Stellen weit übersteigt. In der Geschichtswissenschaft zum Beispiel entfallen auf jede freie Stelle rechnerisch sieben Bewerber.
Habilitierte Wissenschaftler sind schwer vermittelbar, weil sie überqualifiziert sind und jeder Arbeitgeber damit rechnen muss, dass sie sich auf die nächste Professur wieder wegbewerben. Die Nachwuchsinitiative Geschichtswissenschaft, die dieses Problem auf dem letzten Historikertag aufs Tapet gebracht hat, fordert die Ausweitung von C2-Stellen und die Einrichtung von Übergangsprofessuren nach dem Muster der Fiebinger-Professuren, die in den 80er-Jahren auch schon für den Abbau eines Überhangs gesorgt haben. [. . .] Bulmahns Umgang mit der Wissenschaft wird nicht ohne langfristige Folgen bleiben. Ich kenne eine Reihe von begabten jungen Kollegen und Kolleginnen, die es abgelehnt haben, nach der Promotion weiter in der Wissenschaft zu bleiben. Bei den Gehältern, die Frau Bulmahn mit ihrer Besoldungsreform verspricht, gibt es auch überhaupt keinen Grund, dieses Risiko auf sich zu nehmen.
THOMAS MERGEL, Köln
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