Riskante Nanotechnologie: Trügerischer Silberglanz

Die Umweltschutzorganisation Bund fordert ein Verkaufsstopp für Produkte mit Nanosilber. Es ist unklar, wie sich die winzigen Partikel in der Umwelt oder in Organismen verhalten.

Ein Forscher im Reinraum der Nanotechnologie des Forschungszentrums Caesar in Bonn. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Verarbeitung von Nanosilber in Alltagsprodukten müsse sofort eingestellt werden. Mit dieser Forderung ging am Mittwoch die Umweltorganisation BUND an die Öffentlichkeit. Die zunehmende Verwendung von Silberpartikeln, die nur ein bis 100 Nanometer groß sind, "führt bei Menschen und Tieren zu bislang unbekannten Gesundheitsrisiken". Das in einigen Farben, Kosmetika und Haushaltsgeräten enthaltene Nanosilber könne die "Blut-Hirn- oder die Plazenta-Schranke überwinden" und stehe im Verdacht, die Erbsubstanz zu verändern, heißt es in einer vom Bund veröffentlichten Studie.

Im Vergleich zu anderen Nanomaterialien gehört die Verarbeitung von Nanosilber zu dem am schnellsten wachsenden Produktbereich, berichtet der Bund: "Von den derzeit etwa 800 verbrauchernahen Produkten mit Nanomaterialien werden etwa 30 Prozent damit beworben, dass sie Nanosilber enthalten." Weltweit sollen derzeit über 300 verschiedene, Nanosilber enthaltende Produkte erhältlich sein. Geschätzt wird, dass im vergangenen Jahr etwa 500 Tonnen Nanosilber verarbeitet worden ist.

Silber wird vor allem aufgrund seiner keimabtötenden Wirkung geschätzt. Bei Nanosilber ist aufgrund der vergrößerten Oberfläche die biozide Eigenschaft noch stärker ausgeprägt. Fast alle Produkte mit Nanosilber setzen auf den keimabtötende Effekt. Unterwäsche oder Socken, die angeblich den Körpergeruch hemmen, sind Beispiele dafür. Selbst antibakterielle Computertastaturen sind im Angebot. "Nano-Euphorie" und übertriebener "Sauberkeitswahn sollen gemeinsam den Markterfolg sichern", schreibt dazu Professor Wilfried Kühling im Vorwort der Studie.

Ein Grundproblem von Nanopartikeln ist, dass bisher sehr wenig darüber bekannt ist, wie diese Materialien sich in der Umwelt oder in Organismen verhalten. Aufgrund der geringen Größe und der damit einhergehenden Oberflächenvergrößerung können sie ganz neue Eigenschaften bekommen. So kann Nanosilber biologische Membranen und somit auch die Zell- und Organgrenzen durchdringen.

Zudem liegen Nachweise vor, dass Nanosilber in Pflanzenzellen Erbgutveränderungen auslösen kann. Es sei daher dringend erforderlich, so der Bund, zu untersuchen, ob ähnliche Effekte auch bei Tierzellen auftreten können

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