Risiko für die Arktis: Schwimmendes AKW ist betriebsbereit
Russland will seine entlegenen Außenposten mit Atomkraft versorgen. Umweltschützer kritisieren das Prestigeprojekt als extrem riskant.
Im Dezember 2019 soll das schwimmende Atomkraftwerk den ersten Strom ins Netz einspeisen. Bereits am 31. März seien beide Reaktoren „erfolgreich auf 100 Prozent Leistung gebracht worden“, lässt Rosenergoatom wissen. Es handle sich um eine große Errungenschaft „eines breit aufgestellten Teams von Rosatom-Spezialisten“, zitiert der Konzern das Eigenlob seines Generaldirektors Andrei Petrow.
Im Norden und Osten soll das schwimmende Atomkraftwerk, so die russische Nachrichtenagentur RIA am Mittwoch, entfernt gelegene Industrieunternehmen, Hafenstädte, Gas- und Ölplattformen im offenen Meer mit Energie versorgen. Raschid Alimow, Energie- und Klima-Campaigner von Greenpeace Russland, übt Kritik: „Sollte es zu einem Unfall kommen, gibt es in der Arktis keine Infrastruktur, die man nutzen könnte.“
Zudem sollen die schwimmenden AKWs Energie liefern, um weitere Energieträger, Kohle, Gas und Öl auszubeuten. „Ökologisch ist das unverantwortlich“, so Alimow zur taz.
Atomwirtschaft hofft auf Zukunftsmarkt
Die russische Nachrichtenagentur RIA sieht das anders. Das schwimmende AKW sei sehr stabil, sei gut gegen Tsunamis und andere Naturkatastrophen gesichert. Insgesamt, so RIA, könne das schwimmende AKW eine Stadt mit einer Bevölkerung von ungefähr hundert tausend Einwohnern mit Energie versorgen.
Die russische Atomwirtschaft erhofft sich von ihrem ersten schwimmenden Atomkraftwerk den Einstieg in einen Zukunftsmarkt. Schwimmenden AKWs könnten in Inselstaaten zur Meerwasserentsalzung genutzt werden, schwärmt RIA.
Doch bis zum Sommer liegt die „Akademik Lomonossow“ im Hafen der 300 Tausend Einwohner zählenden Stadt Murmansk. „Wir können froh sein, dass dieses Mal keine Katastrophe mit einem Reaktor passiert ist“, berichtet der in Murmansk lebende stellvertretende Vorsitzende der russischen Umweltorganisation „Sozial-Ökologische Union“, Vitalij Servetnik, der taz. Und er kritisiert weiter: „Gerade am Vorabend des 33. Jahrestages der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl sind derartige Experimente besonders zynisch.“
In den Tagen vor und nach dem 33. Jahrestag von Tschernobyl wird Servetnik mit Weggefährten in Schulen auf der Halbinsel Kola über „die Lehren von Tschernobyl“ sprechen.
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