Rie Rasmussens "Human Zoo": Bonnie und Clyde im Balkan
Aus der Luc-Besson-Schule: Rie Rasmussens "Human Zoo" (Panorama) zeigt eine von exzessiver Gewalt geprägte Welt, in der das Recht des Stärkeren regiert.
Eine junge Frau, halb Serbin, halb Albanerin, ist gefangen im Niemandsland zwischen zwei Welten: zwischen Marseille, wo sie als illegale Einwanderin ohne Rechte lebt, und dem Kosovo, ihrer alten Heimat, aus der Adria in den Wirren des Balkankriegs geflüchtet ist. Zwischen diesen beiden Schauplätzen switcht die Handlung von Rie Rasmussens furios inszeniertem "Human Zoo" hin und her - so lange, bis beide Stränge schließlich in einem apokalyptischen, von Scorseses "Taxi Driver" inspirierten Finale zusammenlaufen.
Vor ihrer Karriere als Filmemacherin war die 1978 in Kopenhagen geborene Rasmussen ein bekanntes Fotomodell. 2004 drehte sie einen von Luc Besson produzierten Kurzfilm und übernahm ein Jahr später in dessen "Angel A" eine größere Kinorolle. "Human Zoo", ebenfalls von Besson produziert und erkennbar beeinflusst, ist ihr erster Langfilm. Sie hat es sich nicht nehmen lassen, auch gleich die Hauptrolle zu spielen. In Marseille begleitet man Adria durch ihren tristen Alltag, sieht sie durch die Stadt streifen auf der Hut vor den allgegenwärtigen Polizeikontrollen. Als sie dem amerikanischen Lebenskünstler Shawn (Nick Corey) begegnet und die beiden ein Paar werden, scheint sich endlich alles zum Guten zu wenden, doch genau in diesem Moment wird Adria von ihrer Vergangenheit eingeholt.
Im zweiten Erzählstrang sieht man, wie Adria während eines Angriffs der serbischen Miliz von einem desertierenden Soldaten, Srdjan (Nikola Djuricko), vor Vergewaltigung und Tod gerettet wird. Fortan begleitet sie den auch vor Mord nicht zurückschreckenden Gewaltverbrecher auf seinen Beutezügen durch Belgrad. Anfangs noch passiv und eingeschüchtert, vollzieht Adria nach und nach eine Wandlung hin zur eiskalten Gangsterbraut. Die beiden gerieren sich mehr und mehr wie Bonnie und Clyde im Balkan.
Gefährlich an diesem Film sind seine Rhythmuswechsel. So sind Südfrankreich-Szenen von einer sanften Melancholie geprägt, wodurch man den eruptiven Momenten brachial inszenierter Brutalität in den Balkanepisoden umso hilfloser ausliefert ist. Irgendwann fühlt man sich wie ein Boxer, der sich in Erwartung des nächsten Tiefschlags seines Gegners instinktiv zusammenkrümmt.
Allein die Hauptfigur bleibt seltsam konturlos. Vielleicht hätte Rasmussen besser daran getan, die Rolle der Adria einer anderen Schauspielerin zu überlassen. Denn während Nikola Djuricko als gleichermaßen charmanter wie psychopathischer Gangster Srdjan und Nick Corey als eingebildeter Dandy Schawn sehr prägnant sind, bleibt jene Frau, die zwischen diesen beiden Männern steht, bis zum Ende unscharf.
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