Richard Rother über die Aufarbeitung des VW-Skandals: Wolfsburger Versprechen
So einfach soll das sein? Seit zweieinhalb Monaten wird im Wolfsburger VW-Konzern gerödelt, um die Folgen des Skandals um den Betrug bei Abgastests in den Griff zu bekommen – und dann das? Da stellen sich die Spitzen des Aufsichtsrats und des Vorstands vor die Presse und sagen sinngemäß: Wir haben alles im Griff, eine kleine Gruppe war schuld, und jetzt geht es mit einer neuen Unternehmenskultur in eine erfolgreiche Zukunft. Entschuldigung, aber das klingt ein wenig zu schön, um wahr zu sein.
Zunächst ist es immer noch nicht besonders glaubwürdig, dass in einem so autoritär geführten Konzern wie Volkswagen ein paar Entwickler auf eigene Faust betrogen haben sollen, um das von ihren Vorgesetzten gestellte Ziel zu erfüllen. Obwohl sie das Ziel – einen günstigen, sauberen und leistungsstarken Dieselmotor zu bauen – für nicht erreichbar hielten.
Auch die jetzige Lösung, die Betrugsmotoren mit kleinen Umbaumaßnahmen gesetzeskonform hinzukriegen, mutet auf den ersten Blick unwirklich an. Warum dann nicht gleich so? Immerhin – und das ist ein Trost – kann sich VW einen Betrug bei der Betrugswiedergutmachung nicht leisten. Umweltverbände und Autoclubs werden überprüfen, ob die Maßnahmen ausreichen. Volkswagen steht unter verschärfter Beobachtung, zu Recht.
Das gilt auch für die Etablierung einer neuen Unternehmenskultur, die der Vorstand dem Konzern verpassen will. Weg von der autoritären, hin zu einer des verantwortungsbewussten Miteinanders. Eine Kultur, in der das Infragestellen von Vorgaben ebenso dazugehört wie das Fehlermachen; eine Kultur, in der der Einzelne wertgeschätzt wird und sich nicht auf Kosten von anderen profilieren muss.
Einen solchen Kulturwandel dürften die meisten Beschäftigten begrüßen, käme er ihnen doch wie eine Befreiung vor. Bleibt zu hoffen, dass die Konzernspitze es ernst damit meint – damit Europas größter Autokonzern eine Zukunft hat.
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