Richard Gutjahr gegen BR-Chef: Abrechnung mit Wilhelm
Der Journalist Richard Gutjahr ist seit Jahren Zielscheibe rechtsextremer Hasskampagnen. Dem Chef seines Senders wirft er nun Untätigkeit vor.
Der Journalist wird seit Jahren von Rechtsextremen systematisch belästigt und bedroht. Er sagt, er sei damit trotz mehrfacher Bitten alleingelassen worden. „Sie hätten uns helfen können, hätten sich aktiv und für alle Welt sichtbar vor Ihren Mitarbeiter stellen können“, schreibt Gutjahr an Wilhelm. Aber der Intendant habe weggeschaut.
Gutjahr war seit Ende der Neunziger als fester Freier beim BR tätig. 2016 wurde er bekannter, weil er beim Terroranschlag in Nizza und auch beim Amoklauf in München spontan live berichtete. Danach wurde er zur Zielscheibe rechter Gruppen, die ihn offenbar zu zermürben versuchten – durch teils antisemitische Hasspost, Bedrohung der Familie, Doxxing.
Gutjahr nannte es „Psychoterror“. Er versuchte über Jahre, wie er selbst berichtet, Täter juristisch zur Rechenschaft zu ziehen und diffamierende Inhalte löschen zu lassen. Dem BR-Indendanten wirft er nun vor, ihm finanzielle und beratende Unterstützung verwehrt zu haben. „Stattdessen verwiesen Sie persönlich und Ihre juristische Direktion immer wieder darauf, dass der BR freien Mitarbeitern keine Rechtsberatung geben dürfe.“
Gutjahr argumentiert, dass er nicht als Privatperson, sondern als Repräsentant des Rechten-Feindbilds Rundfunk attackiert werde und dass er den Sender daher in der Verantwortung sieht. Vom BR hieß es dazu auf Nachfrage, die Geschäftsleitung und der Rundfunkrat hätten sich in den drei Jahren „mehrfach und intensiv mit allen Facetten des Falles beschäftigt“.
Den Vorwurf der Untätigkeit weist der Sender zurück. „Der Rundfunkrat hat ausführlich über den Fall beraten. Herr Gutjahr erhielt finanzielle Unterstützung auch im Hinblick auf ihm entstandene Prozesskosten.“ Gutjahr schreibt dazu in seinem Brief, erst auf Insistieren habe er eine einmalige Zahlung erhalten, „weniger als ein Monatsgehalt“ und explizit als „Ausnahme“ betitelt.
Der BR verweist auch auf eine Initiative mit Justizministerium, Medienanstalt und weiteren Medien, die im Oktober gestartet ist. „Mit dieser Kooperation können Hass-Angriffe gegen Journalisten in Bayern nun einfacher an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet und dort verfolgt werden.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken