Revolution in Syrien: Deserteure sprechen vom Schießbefehl
Bei Gefechten in Syrien wurden 27 Soldaten getötet. Überläufer berichten von Schießbefehlen. Iraks Premier kündigt eine Initiative zum Dialog an.
BEIRUT dapd/afp | Zur Niederschlagung der Proteste in Syrien haben die Soldaten nach Angaben von Menschenrechtlern eindeutige Schießbefehle erhalten. Sie hätten "mit allen nötigen Maßnahmen" gegen die Demonstranten vorgehen sollen, zitierte Human Rights Watch Überläufer aus den Reihen des Militärs.
Die Männer hätten Namen und Dienstgrad von Dutzenden Führungskräften genannt, die ihnen befohlen hätten, zu schießen und zu töten, heißt es in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht der in New York ansässigen Organisation.
Die Veröffentlichung stützt sich auf mehr als 60 Gespräche mit Deserteuren aus Militär und Geheimdienst. Darin werden über 70 Führungskräfte namentlich benannt, die die Gewalt angeordnet oder abgesegnet haben sollen.
"Jeder einzelne der in diesem Bericht genannten Offiziellen, bis hin in die höchsten Ebenen der syrischen Regierung, sollte sich für seine Verbrechen gegen das syrische Volk verantworten", forderte HRW. Es gehe um Verbrechen gegen die Menschlichkeit, der UN-Sicherheitsrat müsse Syrien vor den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) bringen.
27 Soldaten bei Gefechten im Morgengrauen getötet
Nach Schätzung der UN wurden bei der brutalen Niederschlagung der seit zehn Monaten andauernden Proteste bislang mehr als 5.000 Menschen getötet. Auch die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, hat dem Sicherheitsrat die Anrufung des IStGH empfohlen.
Bei Kämpfen zwischen Sicherheitskräften und Überläufern kamen nach Angaben der Menschenrechtsgruppe Syrian Observatory for Human Rights am Donnerstag mindestens 27 Soldaten ums Leben. Zu den Zusammenstößen sei es am frühen Morgen an drei Orten der Provinz Daraa gekommen, meldete die Organisation mit Sitz in Großbritannien.
Unterdessen erklärte der Sprecher des irakischen Parlaments, Osama Al-Nujafi, am Mittwoch, er fürchte ein Überschwappen des "Bürgerkrieges" aus Syrien in den Irak. Am Donnerstag kündigte Iraks Premierminister Nuri Al-Maliki an, unter dem Arbeitstitel "Baghdad Initiative" einen Plan zu entwickeln, um das syrische Regime und die Opposition an einen Tisch zu bringen. Eine irakische Delegation solle bald nach Damaskus gesandt werden, um "einen Dialog zu etablieren, der beide Seiten zufriedenstellt" sagte Al-Maliki.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett