Revision im NDR-Drehbuchprozess: Die Justiz jagt Marie Funder
Im Prozess um Doris J. Heinze gehen Staatsanwaltschaft und Verteidiger in Revision. Die Ankläger fordern weiterhin eine dreijährige Haftstrafe.
Ein Krimi, der nicht enden will, ist ärgerlich – für den Zuschauer. Ein Prozess, der nicht enden will, ist mindestens genauso ärgerlich – für den Angeklagten bzw. die Angeklagte: Doris J. Heinze, Ex-NDR-Fernsehspielchefin und auch für den „Tatort“ verantwortlich, soll nach dem Willen der Staatsanwaltschaft doch noch ins Gefängnis.
Am 8. Oktober war die 63-Jährige vor dem Hamburger Landgericht wegen Bestechlichkeit und Betrugs in Tateinheit mit Untreue zu einem Jahr und zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden.
Gegen dieses Urteil hat die Gegenseite, die drei Jahre gefordert hatte, nun Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt – wie übrigens auch die drei Verteidiger der Angeklagten, bestätigte ein Gerichtssprecher am Mittwoch. Neben Heinze wurden ihr Mann Claus Strobel und die Produzentin Heike Richter-Karst zu geringen Geldstrafen verurteilt. Der Bundesgerichtshof muss nun prüfen, ob das Urteil verfahrensrechtlich einwandfrei ist.
Die Wirtschaftskammer des Hamburger Landgerichts sah es als erwiesen an, dass Heinze eigene Drehbücher unter dem Pseudonym „Marie Funder“ an den NDR verkauft hatte. Auch soll sie Drehbücher ihres Mannes redaktionell betreut haben, die dieser unter dem Pseudonym „Niklas Becker“ geschrieben hatte.
Wegen Bestechlichkeit wurde sie verurteilt, weil sie als leitende Angestellte eines öffentlich-rechtlichen Senders eine Amtsträgerin sei. Deshalb erregte ihr Fall 2009 großes öffentliches Interesse. Staatsanwältin Cornelia Gädigk sprach von einem „System der Selbstbedienung auf Kosten der Gebührenzahler“.
In einem Arbeitsrechtsstreit mit dem NDR hat sich Heinze 2010 außergerichtlich geeinigt: Das Arbeitsverhältnis endete ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist am 9. September 2009. Heinze zahlte Honorare in fünfstelliger Höhe zurück.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind