Revanche der Linken: Angriff auf Berliner "Nazi-Disco"
Linke Demonstranten greifen in Berlin eine Disko mit Steinen an. Dort sollen Rechte gefeiert haben, die am Sonntag eine 22-Jährigen schwer verletzt haben. Der Disko-Betreiber weist das zurück.
BERLIN taz | Nach einer brutalen Auseinandersetzung zwischen der linken Szene und Rechtsextremen am Wochenende eskaliert der Konflikt in Berlin. Am späten Dienstagabend wurde im Stadtteil Friedrichshain die Diskothek Jeton von rund 200 Personen angegriffen. Dabei wurden durch Steinwürfe mehrere Fenster zerstört. Das Jeton gilt in der linken Szene als Treffpunkt junger Rechter.
In unmittelbarer Nähe der Diskothek war es am frühen Sonntagmorgen zu einem brutalem Streit zwischen mehreren Linken und vier Rechten gekommen (taz berichtete). Dabei hatte zunächst einer der Rechtsextremen eine Platzwunde am Kopf erlitten. Ein 22-jähriger Linker, der bereits bewusstlos am Boden gelegen haben soll, wurde dann von einem Neonazi auf eine Bordsteinkante geschleift. Durch Tritte auf den Hinterkopf erlitt er Hirnblutungen, Prellungen und einen Jochbeinbruch. Er lag am Mittwoch noch auf der Intensivstation eines Krankenhauses. Die vier Neonazis und einer der Linken wurden festgenommen.
Die Stimmung in der linken Szene sei aufgewühlt und geschockt, heißt es aus Antifa-Kreisen. Die Attacke gegen die Diskothek wird offen als Revanche bezeichnet. Im Jeton würden immer wieder junge Rechtsextreme feiern, sagen Teilnehmer der Spontandemonstration. Auch die vier rechten Schläger vom Sonntagmorgen hätten zuvor das Jeton besucht. Der Betreiber der Disco streitet das ab. Sein Laden sei offen für alle, selbst "Türken und Fidschis feiern hier", sagte Geschäftsführer Ronny Berkahn der taz. Mittlerweile habe ihm die Polizei mitgeteilt, dass die vier rechten Schläger nicht Gäste seiner Diskothek waren. Die Polizei hat sich noch nicht dazu geäußert.
Von der nur wenige Minuten dauernden Demonstration am Dienstagabend war die Polizei offenbar überrascht worden. Als mehrere Hundertschaften eintrafen, waren die meisten linken Demonstranten bereits in die Seitenstraße entschwunden. Ob es überhaupt Festnahmen gab, war gestern Nachmittag unklar.
Bereits am Montag war es zu ähnlichen Protesten in Rostock gekommen. Bei einem Protestzug von rund 80 Angehörige der linken Szene waren Mülltonnen angezündet worden, ein Polizeifahrzeug wurde beschädigt. Der in Berlin schwerverletzte 22-Jährige soll aus Mecklenburg-Vorpommern stammen.
Für Samstag mobilisieren linke Gruppen zu einer Demonstration gegen die brutale Attacke auf den 22-Jährigen. Sie soll auch am Jeton vorbeiziehen. Die Polizei hat noch nicht entschieden, ob sie die geplante Demoroute genehmigen wird.
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