piwik no script img

Rettet der „Bild“-Boss eine DDR-Platte?Erkenntnis im Schlaf

Eine Nacht im Potsdamer Hotel Mercure, und Kai Diemann weiß nicht mehr, ob die markante DDR-Kiste wirklich abgerissen werden soll.

Soll abgerissen werden, sagen viele Potsdamer. Kai Diekmann ist da skeptischer. Foto: dpa

Jede Stadt hat ihre städtebauliche Debatte – und fast immer wird sie mit Verve geführt. In Berlin war es der Wiederaufbau des Stadtschlosses, in Potsdam diskutiert man derzeit um den Abriss des 1969 gebauten Mercure-Hotels. Doch was nutzen alle stadtgeschichtlichen und ästhetischen Argumente, wenn, wie bei Bild-Oberchef Kai Diekmann, am Ende ein Familienausflug den Ausschlag gibt.

Es war Diekmann selbst, der über das vergangene Wochenende Auskunft gegeben hat. Den Potsdamer Neuesten Nachrichten verriet er, warum man das Domizil am feinen Jungfernsee gegen das Mercure tauschte: „Wir haben mit der Familie gesagt, wir wollen es uns anschauen, so lange es noch da ist. Wir wollten mal einen Perspektivwechsel in der Vertikalen hinkriegen mit einem weiten Blick.“

Billig zu kriegen

Kurzerhand mieteten sich die Diekmanns in der Hochzeits­suite ein, und die feingeistige Debatte um das Potsdamer Stadtbild schnurrte zusammen auf einen hübschen Panoramablick, der dem „Chef der Chefredakteure“, so sein offizieller Titel, den Blick öffnete. „Ich war bislang entschieden dafür, dass das Mercure weg muss. Doch grundsätzlich ist das Mercure auch ein markantes Dokument der Geschichte Potsdams.“ Das Geständnis mündete in dem Satz: „Dass das wegmuss, da bin ich ein bisschen nachdenklicher geworden.“

Ob der Geschäftsführer des Mercure dem blickigen Diekmann das Wochenende schmackhaft gemacht hat, wissen wir nicht. Marco Wesolowski, so heißt der Geschäftsführer, ist sich der magischen Kraft des Ausblicks aber bewusst. Als die Stadtverordneten den geplanten Abriss damit begründeten, dass anstelle des Hotels eine Grünfläche entstehen soll, bot er an, selbige auf dem Dach seines Hotels anzulegen. Denn was ist schon ein schönes, neues, altes Potsdam wert, wenn man es nicht von oben sehen kann?

Andererseits: Wenn man den Diekmann so billig kriegt, ist bestimmt die nächste Wochenendeinladung schon raus: eine Nacht in Sanssouci – und gleich hinterher an die Urne zum Bürgerentscheid über den Abriss des Mercure. Das wird seine Wirkung nicht verfehlen.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!