Resonanz auf den Atomausstieg: Industrie senkt CO2-Ausstoß
Die Industrie hat im vergangenen Jahr weniger Kohlendioxid ausgestoßen. Umweltschützer und Umweltbundesamt fordern schärfere Reduktionsziele.
BERLIN taz | Die von der Industrie verursachten CO2-Emissionen sind im vergangenen Jahr gesunken. Nach Angaben des Umweltbundesamtes (UBA) haben die 1.640 Betriebe, die bundesweit dem Emissionshandel unterliegen, 450 Millionen Tonnen des Klimagases ausgestoßen, ein Prozent weniger als im Vorjahr. Damit liegen sie knapp unter dem Limit: Erlaubt wären 452,8 Millionen Tonnen.
Zu den Unternehmen, die dem Emissionshandel unterliegen, gehören energieintensive Branchen wie Stahl- und Zementwerke, Raffinerien, aber auch Energieerzeuger. Nach Angaben der Deutschen Emissionshandelsstelle decken diese Emissionen etwa die Hälfte des gesamten CO2-Ausstoßes ab. Die andere Hälfte verursachen vor allem der Verkehr und private Haushalte.
Deutlich sind die Emissionen laut UBA im Energiesektor zurückgegangen: Je nach Anlagengröße zwei bis sechs Prozent weniger CO2 habe die Energieerzeugung im Vergleich zum Vorjahr verursacht, hätten erste Berechnungen ergeben. Für UBA-Präsident Jochen Flasbarth widerlegen die Zahlen daher die Gegner des Atomausstiegs: „Der im März 2011 begonnene Atomausstieg hat offensichtlich keine nachteiligen Wirkungen auf die CO2-Emissionen in Deutschland“, sagte Flasbarth.
Unter anderem Energiekonzerne und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hatten in der Debatte um den Atomausstieg gewarnt, dass eine dauerhafte Stilllegung mehrerer Atomkraftwerke die Klimaschutzziele gefährden würde. Einen in der Vergangenheit häufig genannten Zusammenhang zwischen gesunkenen Emissionen und schwacher Wirtschaft sieht das UBA nicht – im Gegenteil. Die Emissionen seien gesunken trotz eines Wirtschaftswachstums von drei Prozent.
Für Heinz Smital von Greenpeace ist der Rückgang vor allem auf die Rolle von erneuerbaren Energien zurückzuführen. „Die haben wesentlich stärker zur Versorgung beigetragen.“ Flasbarth geht davon aus, dass die Emissionen bis 2020 weiter sinken – und hält daher auch ambitioniertere Klimaschutz-Ziele für machbar. „Der Trend belegt den Spielraum für eine mögliche Anpassung des europäischen Klimaziels“, so Flasbarth. Das fordert auch Smital. „Die Zahlen zeigen, dass es geht“, sagt er. Die vereinbarten 20 Prozent Reduktion bis 2020 im Vergleich zu 1990 seien für die EU ein viel zu wenig ambitioniertes Ziel.
Mindestens 30 Prozent weniger müsse sich die EU als Ziel setzen, das fordert Gerd Rosenkranz von der Deutschen Umwelthilfe. Dann würden die Verschmutzungsrechte verknappt werden und damit würde deren Preis steigen – ein Anreiz für die Industrie, effizienter mit Energie umzugehen.
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