Resistente Keime: Mehr Platz dem Schlachtvieh
Niedersachsens Agrarminister Meyer (Grüne) will gegen den tonnenweisen Einsatz von Antibiotika in den Ställen vorgehen. Geflügelzüchter kündigen Widerstand an.
HANNOVER taz | Um möglichst viele ihrer auf engsten Raum zusammengepferchten Tiere bis zur Schlachtreife am Leben zu erhalten, setzen Niedersachsens Massentierhalter weiter auf den tonnenweisen Einsatz von Medikamenten. Jede zwischen Küste und Harz gehaltene Pute bekommt im Schnitt jeden dritten Tag ein Antibiotikum – bei Hühnern werden die Arzneimittel im Schnitt jeden dritten Tag verabreicht.
„Es werden viel zu viele Medikamente im Stall eingesetzt“, sagte Niedersachsens grüner Landwirtschaftsminister Christian Meyer der taz. Die vom Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit ermittelten Daten seien „erschreckend“: Allein 2013 seien bundesweit 1.406 Tonnen Antibiotika in der Tiermast eingesetzten worden – davon gingen 856 Tonnen nach Niedersachsen.
Dabei mahnen Mediziner seit Jahren, die massenhafte Medikamentengabe über das Trinkwasser der Tiere führe zur Entwicklung multiresistenter Keime, gegen die auch für den Menschen zurückgehaltene Reserve-Antibiotika wirkungslos werden könnten – Humanmediziner stünden immer mehr menschlichen Infektionskrankheiten hilflos gegenüber. „Nicht von ungefähr gelten Landwirte in Krankenhäusern als Risikopatienten zur Übertragung solcher Keime“, warnt auch der grüne Minister Meyer.
Doch die Massentierhaltung ist ohne Antibiotika-Einsatz nicht denkbar: „Es gibt Hühnerställe, da gehen Sie nur mit Gasmaske rein“, betonte etwa der Veterinärmediziner Siegfried Ueberschär vom „Tierärztlichen Forum für verantwortbare Landwirtschaft“ schon vor einem Jahr. Die völlig zusammengepferchten Tiere seien „von oben bis unten voll Kot“ und nur durch Medikamente überlebensfähig.
Der Grüne Meyer will das ändern – besonders Betriebe mit hohem Antibiotika-Einsatz sollen ihren Tieren mehr Platz geben. Überfällig sei auch „ein Verbot bestimmter Reserve-Antibiotika in der Massentierhaltung“.
Einfach durchsetzbar wird das aber nicht: So bestreitet etwa der Vorsitzende des niedersächsischen Geflügelwirtschaftsverbands, Friedrich-Otto Ripke, noch heute jeden Zusammenhang zwischen Betriebsgröße und Tiergesundheit.
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