Republikaner blockieren Republikaner: Dauergelaber stoppt Pentagon-Chef
Chuck Hagel wird vorerst nicht US-Verteidigungsminister. Seine eigenen Parteikollegen haben das verhindert. Ein „neuer Höhepunkt der Blockade-Politik“ gegen Obama.
WASHINGTON dpa | Schlappe für US-Präsident Barack Obama: Die angestrebte rasche Ernennung des designierten Verteidigungsministers Chuck Hagel ist fürs erste geplatzt. Die Demokraten konnten in Washington nicht die notwendigen 60 Stimmen im Senat erreichen, um die Blockadestrategie durch Filibuster (Dauerreden) der Republikaner zu brechen. Allerdings kann der Republikaner Hagel (66) auf eine spätere Zustimmung hoffen – nach Ende der Senatspause in zehn Tagen.
Das Weiße Haus reagierte mit offener Empörung. „Diese Zeitverschwendung ist nicht ohne Konsequenzen“, sagte Regierungssprecher Jay Carney. Mit dem Amt des Verteidigungsministers dürften keine politischen Spielchen gemacht werden. Pentagonchef Leon Panetta bleibe so lange im Amt, bis ein Nachfolger gefunden sei, verlautete aus dem Weißen Haus.
Die Demokraten kamen bei dem Votum am Donnerstag lediglich auf 58 Stimmen. Zwei Stimmen mehr wären nötig gewesen, um die Debatte zu beenden. Das Filibuster erlaubt es der Opposition im Senat, durch Dauerreden Entscheidungen extrem hinauszuzögern.
Doch die Republikaner stellten sogleich klar, dass sie nach der Senatspause auf eine weitere Blockade verzichten würden. Ihr Ziel sei es lediglich, mehr Zeit zur Beratung zu haben. Der Senat kommt am 26. Februar wieder zusammen. Dadurch scheint die Ernennung des Vietnamveteranen Hagels doch noch möglich. Denn wenn die Opposition nicht blockiert, genügen bei dem eigentlichen Votum zur Ernennung 51 Stimmen.
Ein beispielloser Vorgang
Harry Reid, demokratischer Mehrheitsführer im Senat, sprach von einem neuen Höhepunkt der Blockade-Politik. Es handele sich um einen beispiellosen Vorgang in der amerikanischen Geschichte. Noch nie habe es 60 Stimmen gebraucht, um einen Pentagonchef zu installieren. Es sei völlig unangemessen, in der derzeitigen Lage einen Verteidigungsminister zu torpedieren: „In Afghanistan tobt ein Krieg.“
Die Personalie ist seit Wochen zur parteipolitischen Kraftprobe zwischen Obama und den Republikanern geworden. Kommentatoren meinen, die Demokraten hätten aus rein taktischen Gründen auf einem raschen Votum bestanden: Sie wollten damit die Blockade-Strategie der Opposition öffentlich brandmarken.
Hintergrund der Eskalation: Die Fronten zwischen Regierung und Opposition haben sich schon seit Jahren immer weiter verhärtet. Schon mehrfach in den vergangenen Monaten mussten wichtige Entscheidungen in der Wirtschafts- und Finanzpolitik verschoben werden, weil durch das Patt im Kongress keine Lösung erzielt wurde. Kritiker monieren am Vietnamkriegsveteranen Hagel, er setze wie Obama eher auf Diplomatie und Dialog bei der Lösung internationaler Konflikte. Militärische Gewalt sehe er dagegen nur als letztes Mittel an.
Pro-israelische Gruppen verärgert
Zudem hatte sich Hagel in der Vergangenheit gegen einen Militärschlag im Atomstreit mit dem Iran ausgesprochen. Er äußerte sich früher auch skeptisch über Sanktionen gegen Teheran. Damit hatte er vor allem pro-israelische Gruppen verärgert. Diese Position hatte er allerdings im Bestätigungsverfahren korrigiert und den Iran als „erhebliche Bedrohung“ bezeichnet.
Auch die Berufung des designierten CIA-Chefs John Brennan hängt im Senat fest. Einige Republikaner verlangen von Obamas bisherigem Anti-Terror-Berater mehr Informationen über die geheimen US-Drohnenangriffe im Ausland.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“