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Repressionen in GeorgienEs bleibt bei zwei Jahren Haft

Ein Gericht in Kutaissi bestätigt das erstinstanzliche Urteil gegen die Journalistin Mzia Amaghlobeli. Sie soll einen Polizisten angegriffen haben.

Die georgische Journalistin Mzia Amaghlobeli während einer Gerichtsverhandlung in Georgien im Mai 2025 Foto: Zurab Tsertsvadze/eoa

Ein Berufungsgericht in der zweitgrößten georgischen Stadt Kutaissi hat am Dienstag das Urteil gegen die Journalistin Mzia Amaghlobeli bestätigt. Die 50-Jährige, Gründerin des lokalen Webportals Batumelebi und des überregionalen Onlinemediums Netgazeti, war im vergangenen August in erster Instanz von einem Gericht in Batumi zu zwei Jahren Haft verurteilt worden.

Sie soll bei einer Protestaktion gegen die Regierung im Januar 2025 den damaligen Chef der Polizei in Batumi, Irakli Dgebuadze geohrfeigt haben. Die Verteidigung hatte eine Annulierung des erstens Urteils gefordert.

Die letzte Anhörung vor der Urteilverkündung am Dienstag fand in einem kleinen Gerichtssaal mit Platz für maximal Zu­hö­re­r*in­nen statt. Kol­le­g*in­nen von Amaghlobeli sowie ihr nahe stehende Personen hatten keinen Zugang.

Vor dem Gerichtsgebäude hatten sich erneut zahlreiche De­mons­tran­t*in­nen versammelt, die ihre Solidarität mit Amaghlobeli mit Rufen wie „Freiheit für Mzia!“ und „Freiheit für politische Gefangene!“ lautstark zum Ausdruck brachten. Laut ihrer Kol­le­g*in­nen und Men­schen­recht­le­r*in­nen ist Amaghlobeli die erste politische Gefangene seit der Unabhängigkeit Georgiens im Jahr 1991, die als Jour­na­lis­t*in tätig ist.

Schon zehn Monate in Haft

Amaghlobeli ist bereits seit zehn Monaten in Haft. Sie war am 11. Januar zunächst wegen einer Ordnungswidrigkeit festgenommen, dann jedoch wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Kurz darauf stand der Vorwurf im Raum, sie habe einen Polizisten tätlich angegriffen, was nach georgischen Recht ein Straftatbestand ist.

Am 6. August erging das Urteil: Zwei Jahre Haft. Jetzt hieß es, die Journalistin habe sich des Widerstands, der Bedrohungen oder der Gewalt gegen eine Person, die die öffentliche Ordnung aufrechterhält oder gegen einen anderen Behörden-Vertreter schuldig gemacht.

Die letzte siebenstündige Anhörung am Dienstag verfolgte Amaghlobeli von einem speziellen Bereich des Gerichtssaals aus, der durch Glasscheiben abgetrennt ist. Als Zeichen des Protests, blieb sie stehen und nahm nicht auf der Anklagebank Platz.

Wenn man sie heute frei ließe, sei es durchaus möglich, dass sie auf ihrem Weg nach Hause erneut festgenommen würde, weil es neue Gesetze gebe. Jetzt könne jemand schon ins Gefängnis kommen, der eine medizinische Gesichtsmaske trage, sagte Amaghlobeli ihrem Schlusswort vor Gericht.

Was für ein Land?

„Wenn wir das Vertrauen verlieren, wird das Regime uns immer wieder festnehmen und alles daransetzen, uns ständig zu demütigen, zu beleidigen und sogar aus unserem eigenen Land zu vertreiben. Ich fürchte mich nicht vor dem Gefängnis an sich, sondern davor, was mich nach meiner Entlassung erwartet. Werde ich ein Land vorfinden, das für Freiheit, Demokratie und eine europäische Zukunft kämpft, oder … ein Land, das Russland ohne Panzer erobert hat?“, fragte Amaghlobeli.

Bereits vor Wochen hatten Amaghlobelis Ver­tei­di­ge­r*in­nen darauf hingewiesen, dass sich der Gesundheitszustand ihrer Mandatin in der Haft massiv verschlechtert habe. Auf einem Auge sehe sie nichts mehr mehr, auf dem zweiten habe sie nur noch zehn Prozent Sehkraft. Dieser Befund stamme jedoch bereits vom vergangenen Juli.

Mittlerweile ist der Fall Amaghlobeli auf vor dem dem Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg anhängig. Dabei geht es vor allem um die Uuntersuchungshaft sowie die erste Festnahme der Journalistin.

Vielleicht bezieht Amaghlobeli Trost und Kraft aus dem Umstand, dass sie auch internationale Un­ter­stüt­ze­r*in­nen auf ihrer Seite weiß. Sie teilt sich mit dem, ebenfalls inhaftierten, belarussischen Journalisten Andrzej Poczobut den diesjährigen Sacharow-Preis für geistige Freiheit des EU-Parlaments. Die Auszeichnung wird am 16. Dezember verliehen.

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