piwik no script img

Repressionen in AserbaidschanJahrelange Haft für Aktivisten

Die aserbaidschanische Regierung sperrt Regimekritiker weg. Die Menschenrechtsaktivistin Leila Junus muss in Haft, ihr Mann ebenso.

Leila Junus 2012 in ihrem Büro in Baku. Foto: dpa

Berlin taz | Bei ihrem Versuch, regimekritische Stimmen zum Schweigen zu bringen, ist die aserbaidschanische Regierung ein Stück weiter gekommen. Am Donnerstag verurteilte ein Gericht in der Hauptstadt Baku die bekannte Menschenrechtsaktivistin Leila Junus (59) wegen Betruges und Steuerhinterziehung zu achteinhalb Jahren Haft. Ihr ein Jahr älterer Ehemann Arif muss wegen derselben Vergehen für sieben Jahre ins Gefängnis.

Beide haben schwerste gesundheitliche Probleme, wurden bislang in der Haft aber nicht angemessen medizinisch versorgt. Unmittelbar nach der Urteilsverkündung schrieb Tochter Dinara auf Facebook: „Meine Eltern sind heute zum Tode verurteilt worden - bei ihrem letzten Treffen.“ Der Anwalt Ramis Mamedow bezeichnete die Vorwürfe gegen seine Mandanten als absurd. Keine der Anschuldigungen sei im Prozess bewiesen worden.

Leila und Arif Junus waren im vergangenen Jahr festgenommen worden - angeblich wegen Spionage für das verfeindete Nachbarland Armenien. Die von der französische Tageszeitung Le Monde als „eine der letzten Dissidentenstimmen Aserbaidschans“ bezeichnete Leila engagierte sich bereits zu Sowjetzeiten für Menschenrechte in der Kaukasusrepublik.

1988 war sie Mitbegründerin der Nationalen Bewegung für Unabhängigkeit, der Volksfront von Aserbaidschan, die sich für die Unabhängigkeit Aserbaidschans einsetzte. Von 1991 bis 1995 war sie Chefin der Unabhängigen Demokratischen Partei Aserbaidschans.

Während des Krieges zwischen Armenien und Aserbaidschan um die Region Berg-Karabach (1992-1994) versuchte Leila Junus zwischen den beiden Staaten zu vermitteln. 1994 gründete sie in Baku das Institut für Frieden und Demokratie (IPD). Neben der Aussöhnung mit Armenien engagiert sich das Institut für Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt oder von Menschenhandel geworden sind, sowie für die Rechte politischer Gefangener. 2011 wurde das Büro des Institutes auf Anordnung der Behörden von Bulldozerns niedergewalzt und das gesamte Archiv zerstört.

Der jetzige Urteilsspruch stieß international auf scharfe Kritik. Damit hätten die aserbaidschanischen Behörden einen neuen Tiefpunkt erreicht, sagte die Medienbeauftragte der OSZE Dunja Mijatovic. Die US-Menschenrechtsorganisation Human Rigths Watch (HRW) sprach von einem politisch motivierten Verfahren ohne jegliche internationale Standards. Aserbaidschan wies die Vorwürfe zurück. Der Prozess sei frei und fair verlaufen, teilte das Aussenministerium in Baku mit.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!