Repressionen gegen NGOs in Russland: Microsoft geht auf Distanz
Die russische Polizei nutzt die Jagd auf Windows- und Office-Raubkopierer für Repressalien gegen NGOs. Microsoft, das bislang munter mitmachte, rudert nun zurück.
Ein "New York Times"-Report vom Wochenende, über den auch taz.de berichtete (siehe Kasten), sorgt für hektische Aktivitäten beim Software-Unternehmen Microsoft: Der Konzern wurde offenbar von der russischen Polizei bei der Hatz auf Umwelt- und Menschenrechtsaktivisten eingespannt. Der Trick: Unter dem Vorwand, nach Raubkopien von Produkten des IT-Unternehmens zu suchen, verschafften die Beamten sich Zugang zu den Büros der Organisationen und nahmen jeweils die gesamte Rechentechnik mit. Dies soll über Monate und gleich mehrfach geschehen sein, so der Bericht. Microsoft-Anwälte sollen beteiligt gewesen sein.
Am Konzernsitz in Redmond reagierte man nun mit allerlei PR-Aktivitäten - unter anderem einem Blog-Eintrag im offiziellen Netztagebuch. Firmenmanager Brad Smith schreibt: "Als Hausjustiziar von Microsoft ist das keine Geschichte, die man gerne liest." Das Unternehmen bestritt die Fälle grundsätzlich nicht, man stehe aber "uneingeschränkt dafür ein, geistiges Eigentum nicht zum Ersticken politischer Aktivitäten" zu nutzen. "Aus diesem Grund suchen wir schnell nach Lösungen, jeden Anreiz zu unterbinden, dass es zu solchem Verhalten kommt."
Smith sagte weiter, seine Firma "übernehme die Verantwortung für unsere Anti-Piraterie-Arbeit, sei sie gut als auch schlecht". An diesem Punkt seine aber nun "die spezifischen Fakten weniger klar als wir es gerne hätten". Aus diesem Grund wollte man nun eine internationale Anwaltskanzlei einschalten, die mit der Raubkopiererjagd nichts zu tun hat, um eine "unabhängige Untersuchung" durchzuführen. Dann wolle man Schlüsse ziehen und Maßnahmen ergreifen.
Vorher soll es aber bereits Maßnahmen geben, damit Aktivisten in Russland und anderswo nicht "erneut zu Opfern böswilliger Aktionen, die als Anti-Piraterie-Aktionen getarnt sind", werden. Dazu will der Konzern Nichtregierungsorganisationen eine neue Software-Lizenz unterbreiten, mit der sich "kostenlose, legale Kopien unserer Produkte" erwerben lassen.
Neu ist selbiges Programm allerdings nicht - seit längerem schon können NGOs sechs verschiedene Microsoft-Programme auf bis zu 50 PCs erhalten, was der Konzern als Spende verrechnet. Allerdings kennen laut Smith viele Organisationen das Programm nicht. Für Russland will man deshalb ein neues "rechtliches Assistenzprogramm" für NGOs aufsetzen.
Das Problem dabei könnte höchstens sein, dass sich die Polizei nicht unbedingt um legale Lizenzen schert: So hatte eine im "New York Times"-Bericht genannte Umweltschutz-NGO extra Vollversionen angeschafft, um den Abtransport ihrer PCs zu verhindern. Genutzt hat es freilich nichts - die Polizisten sammelten dennoch die komplette Rechentechnik ein.
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