Repression in der Türkei: Massenverhaftungen angeblicher PKK-Anhänger
Die kurdische DEM trifft sich mit Vertretern der verbotenen Arbeiterpartei PKK im Nordirak. In der Türkei wurden derweil 282 Menschen festgenommen.
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Immer wieder gibt es Anklagen gegen den wichtigsten Konkurrenten von Präsident Erdoğan, den Istanbuler Oberbürgermeister İmamoğlu, außerdem Festnahmen von FilmemacherInnen. Zuletzt kam es zu Massenverhaftungen von angeblichen Anhängern der kurdischen Arbeiterpartei PKK, die in der Türkei als Terrororganisation gilt.
Nach Angaben von Innenminister Ali Yerlikaya wurden bis Dienstag 282 Menschen nach Razzien in 51 Städten der Türkei festgenommen. Unter ihnen sind Mitglieder der DEM-Partei und mindestens drei kurdische Journalisten. Allen wird vorgeworfen, sie seien selbst Mitglieder der PKK oder würden die PKK unterstützen.
Das alles geschieht zu einem Zeitpunkt, an dem die Regierung angeblich eine Friedenslösung mit der PKK sucht. Just als die Verhaftungswelle auf ihren Höhepunkt war, weilte eine Delegation der DEM im Nordirak. Dort sollt mit Vertretern der kurdischen Autonomieregierung über die Chancen gesprochen werden, die aus einer Initiative der türkischen Regierung vom letzten Herbst hervorgehen könnten.
Angebot an PKK-Gründer Öcalan
Im Oktober 2024 hatte Devlet Bahçeli, dessen ultranationalistische MHP eine Koaliton mit Präsident Erdoğans AKP bildet, den Kurden ein überraschendes Angebot gemacht. Demnach könnte der Gründer der PKK, Abdullah Öcalan, der seit 1999 in Isolationshaft sitzt, freigelassen werden, wenn er im Parlament die Auflösung der PKK verkünden würde.
Gleichzeitig müsste er die derzeitige PKK-Führung dazu auffordern, die Waffen niederzulegen. DEM-Vertreter hatten sich daraufhin zweimal mit Öcalan auf seiner Gefängnisinsel Imrali getroffen und waren nun zur aktiven PKK-Führung in den Nordirak gereist – nicht zuletzt um zu hören, wie diese zu dem Angebot steht.
Doch wie glaubwürdig ist das Friedensangebot der Regierung, wenn gleichzeitig massenhaft Anhänger von Öcalan verhaftet werden und jede Kritik an der Repression mit neuerlichen Verhaftungen und Anklagen beantwortet werden? Die DEM-Führung will ihre Hoffnungen trotz der Repression noch nicht aufgeben. Sie träumt davon, im Gegenzug weitreichende Zugeständnisse für die kurdische Selbstverwaltung im Südosten des Landes zu bekommen.
Skeptiker verweisen allerdings darauf, dass es Erdoğan vor allem um die Zustimmung zu einer Verfassungsänderung geht, damit er noch für eine weitere Amtszeit antreten darf. Dies ist nach derzeitiger Rechtslage ausgeschlossen. Öcalan hatte vor zehn Tagen erklären lassen, in Kürze einen „historischen Aufruf“ machen zu wollen. Am 15. Februar, dem Jahrestag seiner Verhaftung 1999, war dieser bereits erwartet worden. Öcalan hatte den Termin jedoch verstreichen lassen.
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