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Repression gegen russische OppositionWaldschützer festgenommen

Die Polizei geht erneut brutal gegen 25 Umweltaktivisten in Moskau vor. Diese wehren sich gegen Rodungen wegen des Baus einer Autobahn.

Protest der Waldschützer in Chimki im vergangenen März. Bild: ap/dapd

BERLIN taz | Erneut sind am Sonntag in dem Moskauer Vorort Chimki mehrere Waldschützer vorübergehend festgenommen worden. Sie hätten sich an einer nicht genehmigten Demonstration beteiligt und Widerstand gegen die Staatsgewalt geleistet, so die Polizei.

Unter den 25 Festgenommenen, die sich gegen den Bau einer Autobahntrasse von Moskau nach St. Petersburg zur Wehr setzen, befanden sich die Sprecherin der Waldschützer von Chimki, Jewgenia Tschirikowa und der Chef der liberalen "Jabloko"-Partei, Sergej Mitrochin.

Die Sonderpolizei Omon sei bei der Verhaftung der Demonstranten sehr brutal vorgegangen, berichtet Mitrochin in seinem Weblog. Während der Haft sei allen Inhaftierten der Kontakt mit ihren Anwälten verwehrt worden. Nachdem Demonstrierende beobachtet hatten, wie die Festgenommenen direkt im Polizeibus misshandelt wurden, hätten sie versucht, den Bus zu blockieren, berichtet das Internet-Portal "kasparov.ru".

Trotz der Gewaltszenen sprechen die Umweltschützer von einem Erfolg: Das Gericht in Chimki habe die Festgenommenen wegen Formfehlern in den Verhaftungsprotokollen noch am Sonntagabend freigelassen. Zudem seien die sonntäglichen Rodungen blockiert worden.

Unterdessen forderten sechs renommierte Umweltorganisationen, unter ihnen Greenpeace Russland, die russische Sektion des WWF und die russische Union der Vogelschützer, den Rücktritt der Polizeiführung von Chimki. Es könne nicht sein, dass Umweltaktivisten ständig mit einer Verhaftung rechnen müssten und die Überfälle auf diese nicht aufgeklärt würden.

Im November 2010 war der Waldschützer Kostja Fetisow aus Chimki angegriffen worden. Er befindet sich immer noch in stationärer Behandlung. Im April 2009 wurde der Umweltjournalist Sergej Protasanow überfallen. Wenige Tage später erlag er seinen Verletzungen. Auch hier war der Tatort Chimki. Von den Tätern fehlt jede Spur.

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3 Kommentare

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  • B
    Benz

    Die Demos wurden ja alle genehmigt. Nur eben nicht auf dem Territorium der Baustelle selber. Dort werden erstens Bäume gefällt, da sollte man nicht einfach rumspazieren. Und zweitens kostet jede Stunde Unterbruch der Bauarbeiten wegen Demos die Baufirma eine Stange Geld. Der Bauherr hat ein Eigentumsrecht, und ein Recht darauf, seine legale unternehmerische Tätigkeit auszuüben. Dieses Recht ist ebenso schutzwürdig wie die Meinungsfreiheit.

  • P
    Pakalino

    Brutales Vorgehen der Polizei bei einer nicht genehmigten Demo - nun, das kennen wir aus eigenen Landen zur Genüge, auch gerade hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit. Die Frage ist eher, warum eine Demo zum Schutz eines Waldes bzw. Erholungsgebietes gar nicht erst genehmigt wird, da zeigen sich dann doch die Unterschiede und die doch mafiöseren bzw. korrupteren Strukturen in der russischen Politikerkaste und Beamtenschaft...

  • B
    Benz

    Vor einigen Monaten hatten die ''Umweltschützer'' die Stadtverwaltung von Chimki demoliert und alles kurz und klein geschlagen. Es wäre besser, diese Leute würden ihre Meinung etwas zivilisierter ausdrücken. Man sollte Meinungs- und Narrenfreiheit nicht verwechseln.

     

    Tja, und zur Sache selbst- die Entscheidung zum Trasseebau ist in den Regionalparlamenten und Behörden bereits gefallen. Ich sehe nicht ein, warum 25 Leute eine Entscheidung der Allgemeinheit ausser Kraft setzen könnten. Diese 25 müssen lernen, Mehrheitsentscheide zu akzeptieren.