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Rentenpläne von Ministerin von der LeyenArbeit soll sich wieder lohnen

Wer sein Leben lang gearbeitet, aber wenig verdient hat und obendrein noch privat für die Rente vorsorgt, soll im Alter belohnt werden. Die Minirenten sollen steigen.

"Die eigene Rente muss der Lohn für die eigene Lebensleistung bleiben", sagte die Bundesarbeitsministerin. Bild: dpa

BERLIN taz | Mit einer "Zuschussrente" will Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) jetzt Altersarmut begegnen. Ab 2013 soll GeringverdienerInnen, die mindestens 45 Jahre lang Mitglied in der Rentenversicherung waren und eine zusätzliche private Rentenversicherung abgeschlossen haben, die Minirente auf 850 Euro aufgestockt werden. Dafür gelten bestimmte Bedingungen.

Die "Zuschussrente" ist ein Vorschlag der Bundesregierung für den "Regierungsdialog Rente", an dem von Mittwoch an bis zum Inkrafttreten der Änderungen bei der Rente 2013 neben dem Arbeitsministerium unter anderen Gewerkschaften, Renten- , Sozial- und Arbeitgeberverbände beteiligt sind. Die "Zuschussrente" soll steuerfinanziert sein und nach Berechnungen des Arbeitsministeriums zunächst 50 Millionen Euro kosten, ab 2035 allerdings 2,9 Milliarden Euro pro Jahr.

Denn von der Leyen rechnet damit, dass 2013 rund 17.000 RentnerInnen davon profitieren, bis 2035 kann die Zahl der Berechtigten aber auf 1,1 Millionen steigen. Etwa drei Viertel von ihnen dürften Frauen sein: Ihnen sollen Kindererziehung und die Pflege von Familienangehörigen angerechnet werden.

Es müsse einen Unterscheid machen, ob jemand Beiträge gezahlt und selbst privat vorgesorgt habe oder nicht, begründet das Arbeitsministerium die Idee. Bislang würden ArbeitnehmerInnen, die ein Leben lang gearbeitet haben, genauso behandelt wie jemand, der nie gearbeitet hat. Mit 850 Euro liegt die Zuschussrente über dem Grundsicherungsniveau von derzeit 650 bis 750 Euro monatlich. "Mehr Gerechtigkeit und weniger Armut", sagte Ursula von der Leyen dazu in der Wochenzeitung Zeit: "Die Alleinerziehende, die erzieht und in Teilzeit arbeitet, kommt womöglich nicht über die Grundsicherung (eine Art Hartz IV im Alter, d. A.) hinaus, obwohl sie sich abmüht. Da soll die Zuschussrente helfen."

"Weitgehend wirkungslos"

Von der Leyens Pläne stoßen bei der Opposition und bei Sozialverbänden auf Kritik. So bezeichnet Wolfgang Strengmann-Kuhn, rentenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, den Vorschlag als "Kosmetik statt Reform": "Der Personenkreis ist viel zu eng gefasst. Immer weniger Menschen erreichen 40 oder gar 45 Versicherungsjahre. Menschen mit unterbrochenen Erwerbsbiografien werden auch bei der Zuschussrente außen vor bleiben." Die Grünen fordern für Menschen, die 30 Rentenversicherungsjahre nachweisen können, eine Garantierente über dem Niveau der vor zehn Jahren eingeführten Grundsicherung im Alter.

Als "weitgehend wirkungslos und zum Teil sogar kontraproduktiv" bewertet Matthias W. Birkwald, rentenpolitischer Sprecher der Linken-Fraktion im Bundestag, die Idee. Er vermutet, dass es bald mehr Minijobberinnen gebe, die privat für die Rente vorsorgen. "Dann wäre die Mindestrente nichts weiter als eine Minijobprämie für Frauen", sagte Birkwald: "Um das zu verhindern, muss jede Stunde Erwerbsarbeit künftig sozialversicherungspflichtig werden - vom ersten Euro an." Die Linke plädiert für Mindestlöhne, Mindestsicherung und eine Mindestrente, die nicht unter 900 Euro liegt.

Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, kritisiert, dass nur diejenigen mit einer Aufstockung ihrer Rente rechnen können, die zusätzlich eine private Rentenversicherung haben: Wer 45 Jahre in der staatlichen Rentenversicherung war und darüber hinaus selbst für die Rente vorgesorgt habe, brauche die 850 Euro nicht.

Kritik von der Union

Um eine Rente auf dem Niveau der Grundsicherung, also dem Hartz-IV-Niveau, zu bekommen, muss man derzeit bei einem Durchschnittsverdienst von 2.500 Euro brutto im Monat rund 27 Jahre lang Beiträge entrichtet haben. Im Jahre 2030 müsse man 35 Jahre lang entsprechend Beiträge gezahlt haben, um das Niveau der Grundsicherung zu erreichen, erklärt Ingo Nürnberger, Sozialexperte beim Deutschen Gewerkschaftsbund.

Auch in der Union erntet Ursula von der Leyen Kritik. So sagte Christine Haderthauer (CSU) auf Deutschlandradio Kultur: "45 Jahre (Mitgliedschaft in der Rentenversicherung, d. A.) finden wir heute in den wenigsten Erwerbsbiografien als durchgängige Vollzeiterwerbstätigkeit." Ein Mindestlohn, wie ihn Gewerkschaften fordern, würde nach Aussagen sowohl von Christine Haderthauer als auch von Ursula von der Leyen das Problem der Altersarmut nicht lösen.

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11 Kommentare

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  • FB
    Franz Beer

    Mir klingt noch der Satz in den Ohren,,Die Renten sind sicher.Wahrheit ist diese ,Die Rentenkasse wurde schamlos von der CDU CSU FDP Fraktion ausgebeutet.Diejenigen die von dieser Rentenerhöhung profitieren sollen(,was ein verschwindet geringer Anteil ist),sind Alt Krank,und haben Ihr ganzes Leben geschuftet,Endstadtion -Rente auf H4 niveau.Altersarmut.Dieser Regierung fehlt einfach der Mut Reformen druchzuführen,Seien es Maßnamen gegen Armut im Alter oder Kinderarmut.Wobei sich Frau Von Leyen sich bestimmt bei letztem Thema schämen sollte.

  • H
    Hasso

    Wenn die von der Leyen und die von der Politik gesponsorte Elite alle ihre Rentenbeiträge in die Rentenkasse einzahlen würden, hätten wir hier das Problem der Trickserei mit der Armut im Alter nicht.

    Anstatt sich kontinuierlich die Diäten zu erhöhen,sollten sie lieber mal was in die allgemeine Rentenkasse einzahlen. Wir haben hier eine Volksherrschaft und wir sind keine Hunde, denen man ab und an mal einen Brocken zu wirft, damit sie still sind. Und mit der Riester-Rente gibt man den Versicherungen nur mehr Geld, dass sie womöglich auch noch verzocken. Diese Frau ist dass, was man am liebsten in einer Müllsortierungs-Anlage sehen würde.

  • H
    Hans

    Die nächste sozialpolitische Fehlentscheidung einer Ministerin, die für die Vereinigten Staaten von Europa trommelt, aber offenbar mit ihrer konkreten Aufgabe, ihrem Ressort überfordert ist: Die Erwerbsbiographien sind heute brüchiger und die Armut ist am Ende nicht an der Frage der Erwerbsjahre oder der Arbeit feststellbar, sondern es ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, wenn ein oder zwei Millionen Rentner nicht mehr menschenwürdig leben können.

     

    Wenn jetzt von der Leyen mit einem neuen Spaltpilz und einer unsinnigen Politik versucht, die Menschen gegeneinander aufzuhetzen, dann zeigt das doch, wie wenig sie sich mit dem Problem befasst hat.

     

    Also noch mal zur Erinnerung: Wer Erwerbslücken hat, dazu gehört auch ein oder zwei Studien, der kann seine Riesterrente am Ende nach Unten verrechnen, weil er Sozialgeld / Hartz bezieht und Riester eine geldwerte Leistung ist, insofern verrechnet werden muss.

     

    Und das bedeutet: Wer sich gegen die Risiken des Rentenverfalls versichern will, aber Ausfallzeiten hat, der hat nichts von seiner Zusatzversicherung, sondern die greifft sich die Rentenversicherung.

    Und das kann und muss geändert werden, aber nicht so, wie hier vorgeschlagen.

     

    Letztlich verstehe ich es sowieso nicht, warum die Ministerin gegen diese extreme Altersarmut durch die Rentenversicherung nichts unternehmen will. 2011 hat der Bundestag noch alle Chancen, das Ganze zu ändern. In 2020 oder 2025 ist das viel weniger möglich, weil dann überall schon arme Rentner sind und auf einen Schlag Milliarden locker gemacht werden müssten.

     

    Und wenn ein Mensch alt und gebrechlich ist, kann er häufig nicht mal schwarz arbeiten oder Bierflaschen sammeln. Dazu muss man fit sein.

     

    Aber überraschen tut einen das nicht: Bei der Unions-Frau von der Leyen geht es eben zu wie am Hofe Ludwig's des XIV. - 'das Volk kann ja Kuchen essen, wenn es keine Rente mehr gibt'.

  • F
    Felix

    WER PROFITIERT DENN VON NIEDRIGLÖHNERN ??? Es ist die Wirtschaft, die Niedriglöhner ausbeutet und ihnen das Einkommen vorenthält, dass sie für den Aufbau einer angemessenen Altersversorgung benötigen !!!!! Das Geld, das Rentnern im Alter fehlt ist das Geld, das ihnen Wirtschaftsbosse und Managergangster in ihrer Zeit als Arbeitnehmer GESTOHLEN haben !!!!!

  • AJ
    Andreas J

    Wenn Frau von der Leyen meint, dass sich Arbeit wieder lohnen soll, dann soll sie sich für höhere Löhne einsetzen, damit eine private Vorsorge überhaupt möglich ist. Arrogantes Politikerpack!

  • RD
    Rentnerin der Zukunft

    35 Jahre ein sozialversicherter Job!?!?!

     

    Also z.B. von 30 bis 65 Jahre: Da fallen auch die zukünftigen RenterInnen raus mit Studium, Auslandsaufenthalt und Elternzeiten - zumindest die vor G8 und Bachelor - unabhängig davon, wieviel sie danach als durchgehend angestellte und riesternde ArbeitnehmerInnen verdient haben.

     

    Ich bin großer Zuversicht, dass das bedingungslose Grundeinkommen mittelfristig auch in Deutschland eingeführt werden wird: Was wollen unsere Kinder mit all' den Elternteilen und dann auch Großeltern ihrer Kinder mit (aufstockender) Grundsicherung machen? Wie wird es ihnen damit gehen? Wie werden sie damit umgehen? Gebildete Eltern/Großeltern ohne Rente? Die Zugfahrten, Ferien mit den Enkelkindern etc. werden dann sie übernehmen (müssen)... Hauptsache unsere Bildung reicht für's Anträge ausfüllen und Widersprüche einreichen!

  • JR
    Jan Reyberg

    Ich habe eine besser Idee:

    Pro Arbeitsjahr (Inklusive Pflege alter Familienangehöriger und Kindererziehung) bekommt man 25 Euro Rente. Macht bei 40 Jahren Einsatz für die Gesellschaft 1000 Euro p.m., bei 30 immernoch 600. Jeder darf so lange arbeiten und so viel privat vorsorgen wie er mag. Der Betrag con 25 Euro wird jedes Jahr um die Inflationsrate des letzten Jahres erhöht.

    Klingt doch zienmlich nett, oder?

    Man kann das Ganze dann auch noch super ausgestallten. Pro Kind maximal 5 Jahre. Bei 2 Kindern gleichzeitig oder Kind plus Pflege, je nach Pflegestufe bis zu 1,5 Rentenjahre pro Kind/Pflegefall usw. Wer mehr verdient bekommt trotzdem die gleiche Rente pro Arbeitsjahr. Alles was man mehr haben will kann man vorher zusammmensparen oder privatversichern.

    Außerdem muss dieses ganze Sysetem endlich mal auf reine Steuerfinanzierung umgestellt werden. Gründe: 1) Umverteilung in Subsystemen haben verteilungspolitisch unerwünschte Effekte: Nur Arbeitnehmer sind in der System erfasst.

    2) Nur Arbeitnehmereinkommen zu belasten und nicht alle Einkommen zu belasten erhöhr unnötig die Arbeitslosigkeit, da insbesondere der Arbeitgeberanteil zu den Sozialversicherungen ein Einstellungshindernis ist.

     

    Follow me.

    http://die-neue-enge.over-blog.de/

  • JK
    Juergen K.

    Aufstocker und Zeitarbeiter, die ihr Geld für ÖPNV oder gar noch Altautos und Benzin ausgeben,

     

    vereinigt Euch:

     

    Streicht von der Leyen das Kindergeld

    und die Steuerbefreiung für die Kosten deren Internates.

  • AA
    Alfons Alias

    Zuschussrente bei privater Vorsorge

    wird an so viele Bedingungen geknüpft, die kaum einer erfüllen kann. Eine private Vorsorge als Bedingung ist nur dazu da damit Versicherungen abgeschlossen werden, andere private Vorsorge die noch bei Renteneintritt vorhanden ist wird ja wohl wieder nicht zählen, also wieder eine Hilfe für die Versicherungen. Das Thema vor der Berliner Wahl, durchsichtiger geht es nicht. Das Ganze wird genauso ein handwerklicher Fehler wie das Bildungspaket. 850,00 € Bruttorente, Risterrente kommt sicher nicht noch drauf, ist Netto nicht mehr als Minirente plus Wohngeld, nur Krankenkassen bekommen mehr von der Zuschussrente.

    Was ist mit denen die keine Risterrente bekommen weil sie keinen Vertrag haben, weil die mal insolvent waren, selbständig waren (auch Frauen mit kleinen Läden), krank waren und keine Versicherung mit ihnen einen Versicherungsvertrag abgeschlossen hat? Schonvermögen ist auch nicht da. Ungerechter geht es nicht.

  • K
    KapitalisMus

    "Die Botschaft der Reform müsse sein, dass Arbeit sich lohne und private Vorsorge sich in diesem Fall zusätzlich lohne." (von der Leyen im Bundestag)

    Botschaften kann sie schicken so viel sie will. Ihre Pläne sind aber keine Botschaft, sondern eine geplante Bestrafung derjenigen, die nicht privat vorsorgen. Ein Volk, das solche Volksvertreterinnen hat, braucht keine Feinde mehr.

  • L
    Leidkultur

    Die Pensionen werden doch sicher auch "nach unten angepasst"??? Der verbeamtete Kollege meines Mannes wird nach geringerer Lebensarbeitszeit (Diff. ca. 10 Jahre), aber gleicher Qualifikation, gleichem Job etc. eine um 1.500,00 € höhere Alterseinkunft erzielen... dagegen geht Frau vdL doch sicher vor???