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Rentenpläne der LinksparteiDas große linke Umverteilen

Die Linkspartei will die gesetzliche Rentenversicherung für alle. Arbeitgeber und gut verdienende Selbstständige bezahlten dann deutlich mehr.

Nach dem Konzept der Linkspartei sollen die Renten steigen und nicht fallen. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Linkspartei will Spitzenverdiener stärker zur Finanzierung der gesetzlichen Rente heranziehen. „Der Millionär braucht keine gesetzliche Rente, aber die gesetzliche Rente braucht den Millionär“, sagte Fraktionschef Gregor Gysi am Mittwoch bei der Vorstellung des Rentenkonzepts.

Die Partei will die Rente mit 67 abschaffen und innerhalb der nächsten fünf Jahre die Ost- an die Westrenten angleichen. Das Rentenniveau soll langfristig auf 53 Prozent steigen. Derzeit liegt es bei 51 Prozent und soll, so ein rot-grüner Beschluss aus dem Jahr 2001, bis 2030 auf 43 Prozent sinken.

Im Zentrum des Rentenkonzepts steht die Einführung einer „solidarischen Rentenversicherung“: Alle Erwerbspersonen, also auch Beamte oder Selbstständige, sollen in die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) einbezogen werden. „Ohne eine zusätzliche Umverteilung wird es nicht gehen“, heißt es im Rentenpapier.

Die Umverteilung griffe über die Beitragsbemessungsgrenzen der GRV. Diese Grenze – derzeit 5.600 Euro monatlich im Westen und 4.800 Euro im Osten – will die Partei mittelfristig abschaffen, dabei aber auch den Anstieg der Rentenauszahlung „ab einer bestimmten Höhe abflachen“.

1000 Euro pro Rentner garantiert

Für Menschen, denen aufgrund ihrer Biografie trotzdem Altersarmut droht, soll es zudem eine steuerfinanzierte, einkommens- und vermögensgeprüfte „solidarische Mindestrente“ von mindestens 1.000 Euro pro Person geben.

Die Partei geht davon aus, dass der Beitragssatz zur GRV von derzeit 19,6 auf 24 bis 26, vielleicht sogar 28 Prozent ansteigen würde. Doch letztlich müssten vor allem die Arbeitgeber deutlich mehr zur paritätisch finanzierten GRV bezahlen. Sie schießen heute 9,8 Prozent dazu.

Die meisten Arbeitnehmer hingegen würden künftig weniger bezahlen, rechnet die Linke vor. Denn sie trügen faktisch schon heute 15,8 Prozent an Rentenbeiträgen: 9,8 Prozent entfielen auf die GRV, drei Prozent auf die private Riester-Rente und drei Prozent auf Betriebsrenten oder anderweitige Vorsorge. Solche Privatrenten wären künftig nicht mehr nötig.

Die Bundesregierung arbeitet unterdessen daran, die viel kritisierte Riester-Rente aufzuhübschen, statt abzuschaffen: Kommenden Mittwoch will sie ein Gesetz auf den Weg bringen, das alle Riester-Anbieter dazu verpflichtet, auf einem Faktenblatt die wichtigsten Informationen über Kosten, Renditeerwartung und Anlagerisiko aufzulisten.

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11 Kommentare

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  • D
    Detlev

    Das Konzept hört sich phantastisch an. Aber es gibt durchaus ein Stück Realitätssinn hierin. Wenn Rentner z.B. massenhaft Anträge bei den Jobcentern stellen, um ausgleichendes 'Sozialgeld' zu erhalten und dann zig Formulare ausfüllen müssen, hin und her rechnen, am Ende aber z.B. nur 48,34 EURO erhalten, dann ist alleine der bürokratische Aufwand im Verlgeich zum Nutzen irgendwann unzumutbar teuer. Für einen Festbetrag spricht insofern viel.

     

    Richtig ist auch, die Rentenfinanzierung zu defragmentieren und auf eine breite Basis zu stellen. Das hatte die SPD auch mal überlegt, als sie noch im Sinne von Durchschnittsmenschen funktionierte. Anders lässt sich das Rentenniveau von ungefähr 50 Prozent auch gar nicht halten. Das erzeugt allerdings politisch massiven Widerstand. Allerdings würde der 'Millionär' auch bei den Linken nicht ruiniert werden, sondern er müsste 1. überhaupt bezahlen, 2. angemessen und 3. progressiv. Das bedeutet aber, dass seine Steuervorteile und das Hin-und-Her-Rechnen per Gesetz eingedämmt werden müsste. Bislang hat noch jede Regierung genau diese Mechanismen befördert und keineswegs das Steuerdurcheinander für Reiche beseitigt.

     

    Schwierig wird der Vorschlag, wenn man betrachtet, wie sich die Grenzen dann errechnen: Nehmen wir an, jemand hat Ansprüche auf 820 EURO und er hat dann Anspruch auf 1000 EURO Grundrente, wie wird der Bedarf ermittelt, wer stellt das aus? Wie streng oder genau wäre die Prüfung?

    Insgesamt steht dieser Vorschlag aber gänzlich alleine auf breiter Flur und wird beim Wähler eben genau diesen Gedanken beflügeln: Ein netter, aber unrealistischer Vorschlag. Dazu kommt noch, dass sich SPD und Grüne weigern, überhaupt mit den Linken zu diskutieren. Gerade dieser Renten-Vorschlag wird bei der SPD sofort Brechreiz hervorrufen, denn es klingt wie die eigenen Stimmen der geflüchteten und ausgetretenen Mitglieder und linken Funktionäre. Die SPD freut sich ja gerade darüber, endlich ohne solche Leute Politik machen zu können und nun kommt der 'Mist' über die Linke zurück?

     

    Deswegen wird dieses Konzept wohl kaum eine Rolle in der Debatte spielen, obwohl mindestens zwei Punkte es eigentlich wert sind: Garantierte Mindestrente ohne Hartz-Behörden-Antragsterror und allgemein verbreitete Finanzierung einer staatlich-garantierten Rente.

  • A
    axel

    Da SPD und Grüne bislang auf privatfinanzierte Rentenkonzepte setzen, die an der Realität des Lohnniveaus völlig vorbeilaufen und primär Geld in die Kassen der Versicherungsindustrie spülen, ergänzt neuerdings durch SPD-Vorschläge zur betrieblichen Altersvorsorge (auch hier wieder die Frage, wecher Beschäftigte sich die Abschläge leisten kann)orientieren sich die Vorschläge der Linken zumindest an den Beschäftigten und nicht der Versicherungsindustrie.

    Die Umverteilung ist mit der Aushöhlung der gestzlichen Rentenversicherung beginnend mit Rot-Grün durch Schröder, Fischer, Riester & Co. schon seit Jahrzehnten im Fluß, und Altersarmut rückt für große Bevölkerungsteile zunehmend in den Fokus.

    Gut, daß sich der Koalition der Rentenkürzer (auch die Rente mit 67 ist defakto nichts anderes)von CDU/CSU/FDP/SPD/Grüne wenigstens die Linke entzieht.

  • C
    claudia

    Sicher, der Rentenvorschlag ist am "Schweizer Modell" orientiert: Von jeden Einkommen, egal wie es zustande kommt, wird ein Beitrag eingezogen, und das ohne die idiotische "Beitragsbemessungsgrenze". Die daraus resultierende Rente hat eine Obergrenze. Damit ist die Rentenversicherung weniger insolvenzgefährdet als wenn sie ausschliesslich aus sinkenenden Lohnarbeitsentgelten finanziert werden muss. (Ähnliches würde für eine allgemeinverbindliche gesetzliche Krankenkasse mit einkommensbezogenen Beiträgen gelten).

    Hätte die Linke in ihrem Programm nichts Weiteres stehen als solche Vorschläge zur Milderung akuter Probleme, dann wäre sie in der Tat eine Kapitalismusverschönerungpartei.

    Ganz so ist es nicht: Wer ins Programm schaut, entdeckt durchaus über tagespolitische Themen hisausgehende Ziele.

  • N
    Nein

    Ja, die Partei murkst auch nur am bestehenden

    Wahnsinn herum. Wie soll es auch anders sein, sind doch auch alle "vermögend" und um ihre angelegten Euros besorgt.

     

    Die haben keine Ahnung, wie ein immer größer werdender Teil der Bevölkerung samt Kindern und Alten lebt.

     

    Und in Berlin unter SPD Wowi waren sie sich nicht zu schade, das Soziale zügig zusammenzustreichen.

     

    Alles nur Augenwischerei.

    Da kennt man traditioneller Weise kein Pardon, alles einfach plattmachen.

  • B
    broxx

    Lächerliche Idee. Menschen die wohlhabend sind haben meist eine sehr gute Altersvorsorge. Und die haben sie selbst eingezahlt! Putzige Art der Umverteilung. Sozialistischer Nonsense!

  • W
    Waage

    Das Rentenkonzept der Linkspartei (welches im Grunde das Konzept der SPD sein müsste) trifft fast genau meine Vorstellungen - jetzt muss sie es nur noch durchsetzen...

  • H
    hans

    Das Lustige ist ja, dass das von der Linke beschriebene Rentenkonzept in anderen Ländern ja wunderbar funktioniert (Bsp. Schweiz). Nur für unsere etablierten Parteien ist soetwas undenkbar, unmöglich und nicht realisierbar.

     

    Alternativlos ist sowieso das neue Modeword der Politik, das gilt jetzt eben auch für den Riesterschwachsinn.

  • H
    hans

    Das Lustige ist ja, dass das von der Linke beschriebene Rentenkonzept in anderen Ländern ja wunderbar funktioniert (Bsp. Schweiz). Nur für unsere etablierten Parteien ist soetwas undenkbar, unmöglich und nicht realisierbar.

     

    Alternativlos ist sowieso das neue Modeword der Politik, das gilt jetzt eben auch für den Riesterschwachsinn.

  • C
    Clara

    Eine solidarischen Rentenversicherung in die alle Bevölkerungsschichten einzahlen müssen ist doch kein „großes linkes Umverteilen“.

    Es wird doch kein Reicher und kein Beamter arm, nur weil er sich an den sozialen Sicherungssystemen adäquat beteiligen muss, da bleibt doch trotzdem noch immer sehr viel übrig.

    Die von den Linken vorgeschlagene Lösung wäre angesichts der Altersarmut, die immer mehr Menschen in Deutschland bedroht einfach nur hilfreich.

    Es gibt natürlich höchstwahrscheinlich keine Parteispenden von der Allianz mehr, wenn man sich für eine soziale Lösung des Rentenproblems einsetzt.

    Deswegen steht die Linke mal wieder ganz alleine da, während Grüne und SPD das Rentensystem wie es scheint lieber weiter aushöhlen wollen, zugunsten der Versicherungskonzerne.

  • H
    Heinz

    Ich bin dafür den Generationenvertrag aufzukündigen.

    Und durch eine Einheitsentschädigungsrente zu ersetzen,

    die ein menschenwürdiges Dasein erlaubt.

     

    Im Klartext 1100 € für alle + Krankenversicherung,

    privat Krankenversicherte für 1000€ im Monat

    müssen in die gesetzliche überführt werden.

     

    Vertrags- und Gastarbeiter sollen ihre Rente im nicht

    EU-Ausland erhalten, wenn sie dorthin zurückkehren.

     

    Alle anderen deutschen Rentner im nicht EU-Ausland

    sollen hohe Abzüge bekommen, damit es keinen Rententourismus

    gibt. Das Geld muss in Deutschland bleiben.

     

    Die Renten müssen durch Einkommenssteuern bezahlt werden.

    Umlageabzüge nur für Arbeiter sind ungerecht.

     

    Außerdem, sollten alle Privatvorsorger ihre Lebensversicherungen in die Entschädigung mit einbringen.

     

    Alles was angespart wird und über die Grundentschädigung hinaus fällt, muss von der Verfassung geschützt werden, damit

    es nicht für Unsinn ausgegeben wird.

     

    Wenn jemand eine bessere Idee hat bitte schreiben.

  • T
    T.V.

    Selbst die selbsternannte Linkspartei will nur noch ein paar kaum sichtbare Striche am fast fertigen Gemälde vom Kapitalismus machen. Gibt zu denken.