piwik no script img

ReligionsunterrichtDie SPD wird frommer

Linke und rechte Sozialdemokraten sprechen sich für staatlichen Religionsunterricht an Berlins Schulen aus.

Sowohl die dem linken Parteiflügel zugehörende SPD-Vizechefin Andrea Nahles wie auch Teile des rechten Berliner SPD-Bündnisses "Aufbruch" haben sich für Religionsunterricht als festes Schulfach an Berliner Schulen ausgesprochen. "Wahlfreiheit bedeutet auch, Raum zu schaffen für eine echte Wahl", erklärte Nahles am Donnerstag bei einer Rede im Rahmen der Gottesdienstreihe "Politikerkanzel" in der evangelischen Zwölf-Apostel-Gemeinde in Schöneberg.

Nahles wörtlich: "Der Religions - und Ethikunterricht sollte an öffentlichen Schulen ein ordentliches Lehrfach sein." Und auch der "Aufbruch" stellt in seinem aktuellen Newsletter fest, dass es viele SozialdemokratInnen gebe, die das Anliegen des Volksbegehrens "Pro Reli", Religion als Wahlpflichtfach an Berlins Schulen zu verankern, unterstützen. "Es ist deshalb notwendig, sich mit dem Für und Wider erneut zu befassen", heißt es.

Religionsunterricht wird an Berlins Schulen aufgrund einer Sonderregelung in der Landesverfassung bislang als freiwilliges Angebot von den Religionsgemeinschaften selbst erteilt. Seit knapp zwei Monaten kämpft das Volksbegehren "Pro Reli" für eine Gleichstellung mit dem Ethikunterricht als Wahlpflichtfach. Ethik wurde 2006 als Pflichtfach für die Klassen 7-10 vom Senat eingeführt. Während Ethik gemeinsam unterrichtet wird, lernen die SchülerInnen im Religionsunterricht nach Konfessionen getrennt. "Pro Reli" hat bislang über 34.000 Unterschriften gesammelt. Wenn das Volksbegehren Erfolg haben soll, müssten bis zum 21. Januar 2009 mindestens 170.000 Unterschriften gesammelt werden.

"Die Diskussion ist in der Stadt", kommentiert die bildungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus Felicitas Tesch den Vorstoß ihrer Aufbruch-GenossInnen. "Man kommt gar nicht umhin, sie zu führen." Über die Positionierung Nahles sei sie allerdings "entsetzt", so Tesch: "Bundespolitiker können selbstverständlich ihre eigenen Positionen haben. Aber das ist ein Berliner Problem, mit dem wir hier umgehen müssen und zu dem sich die Landespartei eindeutig positioniert hat." Die Berliner SPD hat sich bisher gegen ein von den Schulen erteiltes Wahlpflichtfach Religion als Alternative zum Ethikunterricht gestellt.

Die Evangelische Kirche Berlin fürchtet unterdessen ein Scheitern von "Pro Reli": Viele Gemeinden engagierten sich nicht genug. Bischof Wolfgang Huber kündigte an, in einem Brief alle Berliner Protestanten zur Beteiligung am Volksbegehren aufzurufen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!