Religion: Kompetenz für Import-Imame
Imamen werden per Seminar Kenntnisse über Strukturen und Lebensbedingungen der Stadt vermittelt. So können sie ihre Rolle besser erfüllen, meint der Innensenator.
Imame sind die religiösen Oberhäupter muslimischer Gemeinden. Doch häufig sind sie auch Ansprechpartner bei Alltagsproblemen der Gemeindemitglieder. Nicht alle Imame der über 80 Moscheen und Gebetsräume in Berlin sind auf diese Rolle ausreichend vorbereitet. Das finden jedenfalls der Landesintegrationsbeauftragte Günter Piening und die Muslimische Akademie. Gemeinsam bieten sie daher ein achtmonatiges Fortbildungsseminar an, das Imamen und SeelsorgerInnen muslimischer Gemeinden zu fundierter Kenntnis über politische und gesellschaftliche Strukturen, Geschichte und Alltagsleben und das Beratungsangebot in Berlin verhelfen soll.
"BerlinKompetenz" heißt die Fortbildung, die vom Bundesamt für Migration und dem Europäischen Sozialfonds bezahlt wird. Das Projekt soll über Berlin hinaus Modellwirkung haben: Es soll erproben, wie mit Hilfe der Imame die Verzahnung zwischen muslimischen Gemeinden und ihrer Umgebung verbessert werden kann.
Denn in der Diaspora, so erklärte der Erfurter Islamwissenschaftler Jamal Malik am Mittwochabend bei der Eröffnungsveranstaltung des Projekts, sei die Rolle eines Imams anders als in einer mehrheitlich muslimischen Gesellschaft. Dort übernehme er vor allem religiöse Aufgaben. Wo Muslime Einwanderer sind, werde er dagegen zum Berater auch in Schul-, Familien- und anderen Alltagsfragen. Genau das könnten jedoch viele Imame nicht leisten, denn, so Malik: "Da es in Deutschland bislang keine Ausbildung für muslimische Theologen gibt, werden die Imame hiesiger Gemeinden aus den Herkunftsländern angeworben." Solche "Import-Imame" würden dann Sprache und Lebensgewohnheiten hier nicht kennen. Gerade jüngere Muslime fühlten sich deshalb oft "nicht adäquat verstanden."
"Wir brauchen solche Imame, die den Menschen im Alltagsleben helfen können", meint auch Innensenator Ehrhart Körting (SPD), der als aktives Mitglied des Berliner Islamforums die Veranstaltung eröffnete. Die Fortbildung könne dazu beitragen, dass "Muslime hier in Berlin mehr zu Hause sind." Das Forum, in dem alle muslimischen Religionsgemeinschaften sowie verschiedene Institutionen und Behörden vertreten sind, hat die Fortbildung mitentwickelt.
Das erklärt die große Akzeptanz des Angebots in den Gemeinden: Fast 30 TeilnehmerInnen, sechs davon Frauen, haben sich für das zwei Veranstaltungen pro Monat umfassende berufsbegleitende Seminar angemeldet: Sie sind sunnitischer, schiitischer und alevitischer Glaubensrichtung. Überdurchschnittlich viele sind arabischer Herkunft: Das liege daran, erklärt Burhan Kesici von der Islamischen Föderation Berlin, dass türkische Gemeinden bereits besser organisiert seien: "Bei uns übernehmen die Imame tatsächlich nur religiöse Aufgaben." Für andere Fragen gebe es ehrenamtliche, hier aufgewachsene MitarbeiterInnen.
Zu den TeilnehmerInnen gehört Rayad El-Hashmi vom islamischen Kultur- und Erziehungszentrum in Neukölln. Als Seelsorgerin, erzählt die junge Frau, gebe sie Mädchen und Frauen theologischen Unterricht, berate sie aber auch in anderen Fragen: "Und da muss man ihre Lebensbedingungen kennen, wenn man nützliche Antworten geben will."
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