Reisen mit Kindern: Bäche stauen, Blödsinn machen
In einer Hannoveraner WG gründete Uli Mühlberger 1987 den ersten Veranstalter für Familienreisen in Deutschland, vamos Reisen. Ein Gespräch.
taz: Herr Mühlberger, haben reisende Familien heute andere Ansprüche als vor 25 Jahren?
Uli Mühlberger: Oh ja. Familien verlangen heute viel mehr Komfort. In den Achtzigern haben wir noch Busreisen zu Campingplätzen im Süden organisiert; heute wollen Familien im Urlaub für sich sein und sich verwöhnen lassen.
Wenn junge Leute heute Eltern werden, sind sie oft schon recht gesettlet und müssen im Urlaub von ihrem stressigen Alltag zwischen Kind und Karriere entspannen. Da wollen viele das Bad nicht mehr mit den Flurnachbarn teilen, geschweige denn auf dem Boden schlafen.
Familien verbringen heute im Schnitt weniger Zeit miteinander als früher – welche Rolle spielt das Zusammensein im Urlaub?
Eine ganz entscheidende Rolle. Urlaub mit Kindern darf kein Urlaub von den Kindern sein. Andererseits wollen sich junge Eltern auch mal wieder als Paar erleben. Unser Motto ist daher: "Zeit für mich, Zeit für dich".
Wir wollen es Eltern ermöglichen kostbare Zeit mit den Kindern zu verbringen, aber auch mal wieder zu zweit auszugehen oder zu wandern. Dafür bieten wir an vier halben Tagen und einem ganzen Tag Kinderbetreuungen an.
Bei Ihnen können Kinder Lesungen besuchen und philosophische Fragen erörtern – wie viel Bildung muss in den Ferien sein?
Wir wollen den Urlaub nicht zur Schule machen. Kinder sind am glücklichsten, wenn sie unbeschwert spielen und herumtoben können. Was kann einem Kind, das sonst acht Stunden täglich vorm Computer sitzt, besseres passieren als im Urlaub den Bach um die Ecke aufzustauen.
Trotzdem: Viele Familien suchen in der Freizeit nach Sinn und sinnvoller Beschäftigung; daher haben wir Kreativworkshops eingeführt. Wir wollen die Kinder weder bespaßen noch belehren, sondern ihnen den Freiraum geben selbst etwas zu entdecken, ihre Fantasie zu benutzen.
Seit Großfamilien in aller Welt verstreut leben, wollen viele Omas und Opas zumindest den Urlaub mit ihren Enkeln verbringen. Drei Generationen, die sich kennenlernen, Neues entdecken und gleichzeitig entspannen wollen – überfrachtet das die Ferien nicht?
Sicher kann im Urlaub nicht alles nachgeholt und wiedergutgemacht werden, was im Alltag nicht stattfindet. Ein Vater, der nur zwei Wochen im Jahr mit den Kindern spielt, verpasst wesentliche Chancen. Wichtig ist eine geeignete Unterkunft, in der jeder seinen Raum hat – die Oma im Garten, der Vater auf dem Mountainbike, die Mutter in der Sauna und die Kinder im Kletterbaum.
Alle unter einem Dach – früher wäre man dafür nicht verreist.
Ja, aber im Mehrgenerationenurlaub muss niemand selber kochen.
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