piwik no script img

Reisebeschränkungen für PalästinenserÄgypten öffnet Checkpoint Rafah

Nach vier Jahren Blockade nutzen Palästinenser aus dem Gaza-Streifen die neue Reisefreiheit. Für Männer zwischen 18 und 40 Jahren gelten bürokratische Hürden jedoch auch weiterhin.

Eine Palästinenserin passiert am Samstag den Grenzübergang Rafah. Bild: dapd/ap

RAFAH/BERLIN dapd/taz | Nach vier Jahren der Blockade hat Ägypten die Grenze zum Gazastreifen für den Personenverkehr dauerhaft geöffnet. Der erste Bus mit Passagieren aus dem palästinensischen Territorium überquerte den Grenzübergang Rafah am Samstagmorgen, im Laufe des Tages passierten laut Polizeiangaben 410 Menschen die Grenze.

Der Schritt, die meisten Reisebeschränkungen für die 1,5 Millionen Bewohner des Gazastreifens zu lockern, bringt der palästinensischen Bevölkerung eine lang ersehnte Erleichterung. Die neue Regelung gilt nicht für den Warenverkehr. Die Infrastruktur dafür gibt es bislang nur auf der israelischen Seite.

Israel und die USA befürchten, dass es nun einfacher für Aufständische wird, in den und aus dem Gazastreifen zu kommen und Waffen zu schmuggeln. Die ägyptischen Behörden erklärten jedoch, dass Personen beim Grenzübergang gründlich auf Waffen kontrolliert werden. Am Samstag seien 39 Personen an der Grenze abgewiesen worden, die nach Ägypten einreisen wollten, erklärte die Polizei.

Der Grenzübergang Rafah, der einzige nicht von Israel kontrollierte Zugang zum Gazastreifen, war bislang nur eingeschränkt passierbar und oft ganz geschlossen.

Unter dem neuen System sind die meisten Reisebeschränkungen aufgehoben. An Werktagen sollen aber nicht mehr als etwa 300 Menschen den Grenzübergang passieren dürfen, hieß es von palästinensischer Seite.

Trotz der Aufhebung der Reiseeinschränkungen gibt es aber weiterhin bürokratische Hürden. Männer zwischen 18 und 40 Jahren müssen ägyptische Visa beantragen, was Wochen dauern kann. Frauen, Kinder und ältere Männer erhalten Ausreisegenehmigungen, die innerhalb einiger Tage ausgestellt werden.

Ägypten und Israel haben seit 2007 an der Blockade des Gazastreifens festgehalten, um die Hamas nach der gewaltsamen Einnahme des Territoriums zu schwächen. Doch nach dem Rücktritt des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak im Februar hatte sich der ägyptische Militärrat zur Lockerung der Blockade entschlossen.

Unter den Ersten, die nach Ägypten kamen, war der 28-jährige Student Chaled Halaweh, der einen Masterstudiengang für Ingenieurswesen an der Universität von Alexandria belegen will. Er habe den Gazastreifen seit sieben Jahren nicht mehr verlassen, sagte er. Der 66-jährige Mohammed Soarob sagte: "Ich war so glücklich zu hören, dass die ägyptische Grenze öffnet, sodass ich endlich zur Behandlung ausreisen kann." Er leide an einer chronischen Nierenerkrankung und habe fünf Jahre auf die Erlaubnis gewartet, ausreisen zu dürfen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • R
    Renegade

    Es ist immerhin ein erster Schritt, über den sich auch die Palästinenser sehr zu freuen scheinen.

     

    Und was Israels Sicherheit angeht... ehrlich gesagt hat sich die Situation ja nun nicht gerade verbessert, seit alles Palästinenser im Gazastreifen für vier Jahre dort eingesperrt waren. Und wenn die Menschen dort nun wieder ausreisen können, um zu studieren etc., und vielleicht auch irgendwann wieder Waren und Produktionsmittel eingeführt werden, dann haben die Palästinenser auch bald wieder etwas anderes zu tun als den ganzen Tag in ihren zerbombten Städten zu sitzen, den Zaun anzuschauen, F16 über ihren Köpfen zu hören und sich zu fragen, was sie eigentlich den ganzen Tag machen sollen. Vielleicht probiert man ja mal ausnahmsweise, Terrorismus dadurch zu bekämpfen, dass man potentiellen "Terroristen" eine vernünftige Perspektive gibt, anstatt8nochmal alles extra zu zerbombem.

     

    Und BTW, irgendwelche Sicherheitsbedürfnisse rechtfertigen ja wohl nicht, dass 1,5 Millionen Menschen in auf einem Gebiet eingesperrt werden, ohne Möglichkeit der Ausreise, ohne die Möglichkeit, lebensnotwendige Waren einzuführen, etc. Ich möchte nicht wissen, gegen wie viele Menschenrechte das verstößt, aber die scheinen ja sowieso in dieser Debatte zumindest für die Palästinenser eh nicht zu gelten, was??

  • P
    PAPPE

    @ILAN

    "Viele Israelis sind immer noch vom Nazi-Deutschland traumatisiert und wollen kein zweites 1930er Deutschland an unserer Haustür haben."

     

    und dafür sollen die palästinenserInnen büßen bis zum sankt-nimmerleins-tag? merken sie etwas?

  • E
    end.the.occupation

    1. 300 Menschen pro Tag. Bei 1.5 Millionen Bewohnern würde es also über zehn Jahre dauern, falls jeder Bewohner Gazas einmal ausreisen wollte.

     

    2. Dazu kein Transport der dringenst benötigten Güter für den Wiederaufbau.

     

    3. Und dann noch die volle Kontrolle der PA - des isr. Proxies in Ramallah - über die Visa-Vergabe.

     

    Diese Öffnung ist ein PR-Stunt der ägyptischen Militärjunta, um die Proteste der ägyptischen Opposition gegen die permanente Unterwerfung Ägyptens unter das Diktat Israels und seiner Verbündeten - Saudi Arabien und den USA - abzumildern.

     

    Ein böser Witz, so wie die ganze 'Revolution' in Ägypten - die zu einer Koalition aus den Militärs und den Reaktionären der Moslembrüder geführt hat. Kein Wunder, dass der Westen sie mit Milliarden 'beschenken' will.

  • M
    Marcus

    Das schreit geradezu danach das die Israelis die palistinensische Seite der Grenze einnehmen und eine "Sicherheitszone" erichten. Momentan mag es dafür keinen Anlas geben, aber die Hamas findet bestimt noch ein paar Racketen um den zu liefern.

  • I
    ILAN

    Ich finde, dass der Grenzübergang weiterhin geschlossen bleiben muss. Es kann doch nicht sein, dass die Sicherheit Israels auf Spiel gesetzt wird. Viele Israelis sind immer noch vom Nazi-Deutschland traumatisiert und wollen kein zweites 1930er Deutschland an unserer Haustür haben. Wo ist die Verantwortung Deutschlands für Israel ?!!!

  • E
    Endlich

    Endlich ein gutes Zeichen nach Mubaraks sturz.

  • B
    bachem

    Die Hamas war nicht zufaellig Wahlgewinner und somit demokratisch legitimiert? Hinsichtlich gewaltsamer Uebernahme,von seit Jahren immer wieder schwadroniert wird-leider auch in der taz- ein erheblicher Unterschied und ein gutes Kennzeichen, wie stark Nachrichten manipuliert sind.