Regionalwahl in Indien: Schwarzer Tag für Kommunisten
Erstmals nach 34 Jahren verlieren die Indischen Kommunisten in Westbengalen eine demokratische Landtagswahl – erdrutschartig. Auch in Kerala unterlagen sie knapp.
BERLIN taz | Indiens Kommunisten haben bei der Bekanntgabe der Wahlergebnisse in fünf Bundesstaaten zwei der landesweit drei von ihnen regierten Staaten verloren, darunter auch ihre Hochburg Westbengalen mit der Metropole Kalkutta. In dem wichtigen Staat mit 91 Millionen Einwohnern hatte die CPI (M) seit 1977 immer alle demokratischen Landtagswahlen gewonnen.
Jetzt schrumpfte die von den Kommunisten geführte Linke Front drastisch von 235 auf nur noch 71 Mandate im 294 Sitze zählenden Regionalparlament. Große Siegerin ist hier die Regionalpartei Trinamool Congress, eine Abspaltung der Kongresspartei, unter Führung der charismatischen Mamata Banerjee.
Knapp verloren die Kommunisten auch den südlichen Bundesstaat Kerala. Dort hatten sie mit Unterbrechungen seit 1957 immer wieder regiert. Jetzt unterlagen sie dort der Kongresspartei, die auf nationaler Ebene unter Premier Manmohan Singh die Koalitionsregierung führt. Die Kongresspartei ging aus den Wahlen, die seit Mitte April etappenweise in 5 der 29 Bundesstaaten stattfanden, gestärkt hervor, obwohl ihr lokaler Partner DMK im südlichen Tamil Nadu aus der dortigen Regierung gejagt wurde. Damit wurde die DMK für einen großen Korruptionsskandal im Telekomsektor abgestraft.
Zu viele Skandale
Auch die Regierung Singh galt zuletzt wegen vieler Skandale als angezählt. Banerjee koaliert auf nationaler Ebene wie in Westbengalen mit der Kongresspartei - ihr Sieg dürfte die Abhängigkeit der Singh-Regierung in Delhi von Regionalparteien weiter steigern. Banerjee war in Delhi bisher Eisenbahnministerin und dürfte jetzt Westbengalens neue Ministerpräsidentin werden.
Die Niederlage der CPI (M) in Westbengalen war nicht unerwartet, da die Partei dort bereits die letzten Kommunalwahlen verloren hatte und auch beim letzten Wahlgang auf nationaler Ebene hinten lag. Die CPI (M) galt früher in ihrer Hochburg unbesiegbar, weil sie dort in den 70er Jahren mit einer Agrarreform Land an Millionen Bauern verteilt hatte und darin ein stabiles Unterstützerpotenzial hatte. Auch mit der Einführung der Gemeinderäte, die später landesweit kopiert wurden, war die CPI (M) innovativ. Ein gehässiger Kommentator charakterisierte die Niederlage der CPI (M) jetzt als "Fall der Berliner Mauer".
Die Kommunisten hatten den Abstieg des einst führenden Westbengalen im landesweiten Vergleich nicht aufhalten können. Betrug der Anteil des Bundesstaats an der nationalen Industrieproduktion in den 80er Jahren noch 13 Prozent, fiel er inzwischen auf 2 Prozent zurück, doch gab es hier zuletzt noch 60 Prozent aller landesweiten Streiks. Kalkutta geriet gegenüber Aufsteigern wir Bangalore, Hyderabad oder Pune ins Hintertreffen.
In den letzten Jahren versuchte die immer selbstgefälligere CPI (M) gegenzusteuern und wurde sehr investorenfreundlich. Damit verprellte sie ihre ländliche Basis. Bauern, die Industrieprojekten im Weg standen, wurden enteignet. Es kam zu tödlichen Protesten. Profitieren konnten hiervon nur Banerjees Trinamool Congress und die maoistische Guerilla.
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