Regionalregierungschefin in Schottland: Misstrauensantrag gegen Sturgeon

Die Konservativen fordern den Rücktritt der Politikerin. Sie steht wegen ihrer Rolle im Umgang mit Vorwürfen gegen ihren Vorgänger unter Druck.

Schottlands Premierministerin Nicola Sturgeon hebt die rechte Hand

Premierministerin Nicola Sturgeon im Ausschuss des schottischen Parlaments am Mittwoch Foto: Jeff J Mitchel/reuters

DUBLIN taz | Die schottischen Tories haben am Mittwoch einen Misstrauensantrag gegen Premierministerin Nicola Sturgeon von der Scottish National Party (SNP) gestellt. Die gerät wegen ihrer Rolle im Umgang mit Missbrauchsvorwürfen gegen ihren Vorgänger und Parteifreund Alexander Salmond unter Druck: Sie soll das Regionalparlament in Edinburgh belogen haben. Salmond wurde vor gut zwei Jahren von zwei Frauen sexueller Übergriffe beschuldigt, darunter versuchte Vergewaltigungen.

In ihrer Aussage vor einem Untersuchungsausschuss im schottischen Parlament in Edinburgh sagte Sturgeon am Mittwoch, die Anschuldigungen gegen Salmond seien so schwerwiegend gewesen, dass man sie „nicht einfach ignorieren“ konnte. Allerdings musste sie einräumen, dass bei der internen Untersuchung einiges schiefgegangen ist. So hatte die Staatssekretärin Leslie Evans, eine Vertraute Sturgeons, die die Untersuchung leitete, bereits vor Beginn mit den beiden Frauen gesprochen. Dadurch seien ihre Aussagen beeinflusst worden, vermutet Salmond.

Er verlangte damals eine gerichtliche Überprüfung, die ihm recht gab. Doch Evans sandte die Untersuchungsakten an die Polizei und löste dadurch die strafrechtlichen Ermittlungen gegen Salmond aus. Im März vorigen Jahres sprach ihn ein Gericht frei.

Das schottische Parlament beraumte danach zwei separate Untersuchungen an. In einer geht es um das Vorgehen der schottischen Regierung, die andere soll feststellen, ob Sturgeon das Parlament über den Zeitpunkt belogen habe, wann sie über die Vorwürfe gegen Salmond erfahren hatte. Sturgeon hatte vor dem Parlament erklärt, Salmond habe ihr am 2. April 2018 davon erzählt. Tatsächlich war sie jedoch vier Tage zuvor von Salmonds früherem Stabschef informiert worden. Sturgeon sagt jedoch, man habe lediglich ganz allgemein und vage um mögliche Vorwürfe gegen Salmond gesprochen.

Salmond: „Heimtückischer und konzertierter Versuch“

Salmond hat in seiner Aussage vorigen Freitag behauptet, es habe einen „absichtlichen, andauernden, heimtückischen und konzertierten Versuch einer Reihe von Leuten in der schottischen Regierung und der SNP“ gegeben, um seinen Ruf zu schädigen und ihn ins Gefängnis zu bringen. Sturgeon bestreitet, dass die damals aufgestellten Regierungsrichtlinien über sexuelle Belästigung gegen ihn gerichtet waren. Am Mittwoch erklärte sie, dass ein stabiles Verfahren geschaffen worden sei – unabhängig vom Rang oder den politischen Beziehungen der Person, die beschuldigt wird.

Die schottische Öffentlichkeit beobachtet die Auseinandersetzungen mit Fassungslosigkeit. Einerseits sind schwere Fehler der schottischen Regierung ans Licht gekommen, andererseits gibt es keine einleuchtende Erklärung dafür, warum Sturgeon ein Komplott gegen ihren Vorgänger geschmiedet haben soll. Sturgeon sagte am Mittwoch, dass sie traurig über die Situation sei, weil Salmond nicht nur ein Kollege, sondern auch ein enger Freund gewesen sei, den sie bewundert habe.

Die britische Regierung reibt sich dagegen die Hände. Zwar ist nicht damit zu rechnen, dass der Misstrauensantrag gegen Sturgeon Erfolg haben wird, obwohl die SNP keine Parlamentsmehrheit besitzt. Aber in neun Wochen stehen die Wahlen zum schottischen Regionalparlament an. Bisher konnte die SNP auf die absolute Mehrheit hoffen. Die ist nun gefährdet – ebenso wie die Mehrheit für die schottische Unabhängigkeit.

Umfragen hatten seit Monaten ergeben, dass sich mehr als die Hälfte der Wahlberechtigten vom Vereinigten Königreich verabschieden wolle. Anfang der Woche hat sich das Blatt gewendet, im Zuge der Schlammschlacht sprach sich eine knappe Mehrheit für die Union aus.

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