Regierungssuche in Italien: Jetzt soll Mario Draghi es richten

Italiens Regierung unter Conte ist Geschichte. Der Staatschef hat nun den Ex-EZB-Chef Draghi eingeladen. Er könnte einer Expertenregierung vorstehen.

Mario Draghi steigt aus einem schwarzen Auto aus

Macht er es? Mario Draghi ist im Gespräch für das Amt des Ministerpräsidenten Foto: dpa

ROM dpa | Bei der Suche nach einer neuen Regierung in Italien ist der frühere Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, zu einem aussichtsreichen Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten aufgerückt. Staatspräsident Sergio Mattarella lud den 73-jährigen für Mittwochmittag um 12 Uhr in seinen Amtssitz ein. Der Wirtschaftswissenschaftler war seit einiger Zeit als Kopf einer Expertenregierung im Gespräch. Mattarella hatte das Treffen am Dienstag angekündigt. In ersten Reaktionen äußerten sich die Parteienvertreter gespalten, es gab Lob und Kritik.

Die bisher mitregierende Fünf-Sterne-Bewegung forderte weiter eine politische Regierung für Italien und kein Experten-Team. Auch ein von Draghi geführtes Kabinett müsste das Vertrauen in den beiden Parlamentskammern bekommen. Der Bankmanager stand von 2011 bis 2019 an der Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB).

„Ich fühle mich verpflichtet, an alle im Parlament anwesenden politischen Kräfte zu appellieren, einer hochrangigen Regierung Vertrauen zu schenken, die sich mit keiner politischen Formel identifizieren sollte“, hatte Staatschef Mattarella am Dienstag in Rom gesagt. Die kommenden Monate seien entscheidend. „Dies bedarf einer Regierung in voller Funktionsfähigkeit“, hatte er betont.

Mattarella sah nach dem Scheitern der Gespräche über ein weiteres Kabinett unter dem Premier Giuseppe Conte nach eigenen Worten nur zwei Auswege: vorgezogene Wahlen oder sofort eine neue Regierung ins Leben zu rufen. Er entschied sich für Letzteres, da Wahlen einen monatelangen Wahlkampf mit sich brächten, wofür Italien die Zeit fehle. Italien muss laut dem 79-Jährigen einen Plan für milliardenschwere Mittel aus dem EU-Wiederaufbaufonds bis April bei der EU-Kommission vorlegen. Außerdem steckt das Land mitten in der Coronapandemie, die es in eine Wirtschaftskrise stürzen ließ und gravierende Probleme im Gesundheitssektor verstärkte.

Schlammschlacht der Parteien

Zuvor hatte der Staatschef den Präsidenten der Abgeordnetenkammer, Roberto Fico, damit beauftragt, über das vergangene Wochenende eine mögliche neue Mehrheit der Parteien des bisherigen Mitte-Links-Bündnisses von Premier Conte auszuloten. Die populistische Fünf-Sterne-Bewegung, die Sozialdemokraten, die linke Partei Liberi e Uguali und die Partei Italia Viva von Ex-Premier Matteo Renzi wurden sich jedoch nicht einig.

Kurz nach dem Ende dieser Konsultationen begann eine Schlammschlacht der Parteien. Die Fünf-Sterne-Bewegung beschuldigte Renzi, es nur auf wichtige Ministerposten abgesehen zu haben. Umgekehrt warf die Italia Viva den Sterne-Politikern vor, sich keinen Schritt bei gewissen Streitthemen bewegt zu haben.

Conte hatte seinen Rücktritt am vergangenen Dienstag eingereicht, nachdem Renzis Italia Viva Mitte Januar im Streit um die Verwendung wichtiger EU-Hilfsgelder die Koalition verlassen hatte.

Mit Blick auf Draghi als möglichen Regierungschef ist nun die Frage, von welchen Seiten er Unterstützung bekommen könnte. Die konservative Partei Forza Italia von Ex-Premier Silvio Berlusconi hatte zugesichert, die Entscheidungen Mattarellas zu respektieren. Von der Italia Viva war zu hören, dass eine Regierung unter Draghi eine der besten Optionen für die Republik wäre. Die rechten Parteien um die Lega des früheren Innenministers Matteo Salvini und die Fratelli d'Italia pochten weiter auf vorgezogene Wahlen.

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