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Regierungssprecher in ThüringenHahn lässt rechte Verbindung ruhen

Thüringens Regierungssprecher bleibt unter Druck. Innenministerien prüfen, ob seine alte Studentenverbindung demokratisch ist.

Karl-Eckhard Hahn Thüringens Gesicht mit (ruhendem) Rechtsdrall. Bild: dpa

HAMBURG taz | Die Auseinandersetzung um Thüringens Regierungssprecher Karl-Eckhard Hahn wegen rechter Verbindungen ist nicht beendet. Im Regierungskabinett musste sich Hahn nun wegen seiner Mitgliedschaft in der Deutschen Gildenschaft (DG) erklären. Mit Folgen für die Studentenverbindung: Das Kabinett beschloss überprüfen zu lassen, ob die DG auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehe.

„Meine Mitgliedschaft ruht, solange die Prüfung anhält“, sagte Hahn der taz. In der vergangenen Woche hatten die Verstrickungen des 53-jährigen CDU-Mitglieds während seiner Studien- und Promotionszeit Streit in der Regierungskoalition von CDU und SPD ausgelöst. Hahn wirkte bei den neurechten Publikationen „Etappe“ und „Phönix“ mit, zog sich aber zurück. Auch, weil die „Etappe“ gegen sein Verständnis von Menschenwürde verstieß, wie Hahn erklärte.

Seine Mitgliedschaft bei der DG löste der Regierungssprecher allerdings nicht auf. 1982 war Hahn der Gildenschaft beigetreten, weil die sich für die Wiedervereinigung Deutschlands einsetzte. Die DG ist aber nicht einfach irgendein Wiedervereinigungs-Club.

Helmut Kellershohn, der beim „Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung“ zur Gildenschaft forscht, sagt: „Mitglieder der DG leisten signifikante ideologische und personelle Vermittlungsdienste im Übergangsfeld zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus“. Viele DG-Mitglieder – wie Karlheinz Weißmann, der auch bei der „Etappe“ mitwirkte – sind heute führend bei neurechten Projekten, wie dem „Institut für Staatspolitik“ aktiv.

Jesko Wrede, verantwortlicher Redakteur des Blogs „Rechte Jugendbünde“, sagt zudem: „Die DG bezieht sich auf die konservative Revolution, deren Denker Parlamentarismus, Liberalismus und Demokratie vehement ablehnten.“ Die Studentenverbindung hänge völkisch-nationalistischen Begründungen an, so Wrede. Diese Einschätzung will Hahn nicht gelten lassen: „Wären völkische Ideologien das Fundament der DG, wäre ich nicht Mitglied.“

Ein Gremium der Innenministerkonferenz von Bund und Land soll die Ausrichtung der Deutschen Gildenschaft jetzt untersuchen.

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11 Kommentare

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  • BR
    Buck Rogers

    Mein Gott, die Gildeschafter: das sind doch quasi die Hippies unter den Korporierten. Sie trinken nicht, sie fechten nicht, sie nehmen Frauen auf,... Und mit einem Dutzend Aktiven Bundesweit sind sie bestimmt eine Bedrohung für den Rechtsstaat.

  • Super, Herr Speit, haben Sie mal wieder eine Jugendsünde ausgegraben. Und wenn es keine Sünde war, eine Mitgliedschaft war es immerhin, und das ist Ihnen Sünde genug. Zumal zwei Herren das so sagen, darunter ein Blog-Betreiber. Das muss in Zeiten medialer Scharfrichterei als Ankläger, Zeuge und Richter in einer Person ja wohl allemal genügen.

  • G
    GegenExtremisten

    Wenn er in der SPD wäre und es handelte sich um eine linksextreme Vereinigung, die also deutlich weiter links steht als seine Verbindung rechts, dann wäre es natürlich überhaupt kein Problem und sein gutes "demokratisches" Recht. Im linksgrünen Gutmenschenstaats aber, geht es ja nicht nach Gleichberechtigung sondern nach Unterdrückung und Bevormundung.

    • @GegenExtremisten:

      In der Sache würde ich Dir zustimmen, aber der, nun ja, etwas pervertierte Begriff des "Gutmenschentums" wird auch allzu inflationär benutzt.

       

      Zudem halte ich es da mit Hagen Rether, "lieber Gutmensch als Schlechtmensch" ;)

  • L
    lowandorder

    Das ist doch mal hübsch:

    eine gut-braune Thüringer Bratwurst gibt den Palmström:

     

    "…“ Die Studentenverbindung hänge völkisch-nationalistischen Begründungen an, so Wrede. Diese Einschätzung will Hahn nicht gelten lassen: „Wären völkische Ideologien das Fundament der DG, wäre ich nicht Mitglied.“…"

     

    - …" schließt messerscharf, daß nicht sein kann,

    was nicht sein darf!"

     

    "…und staunend liest's der anbetroffne Chef,"

     

    hofft der demokratisch geneigte Leser!

    • @lowandorder:

      Völkische Ideologien sind ja auch das Letzte und uqasi absolut verdammungswürdig. Wenn schon, dann hat der anständige Demokrat gefälligst anti-völkischen Ideologien anzuhängen. So ist´s recht!

  • T
    Trallala

    Ein Institut aus Dortmund hat festgestellt....

    • SH
      schau hin
      @Trallala:

      angesichts der personen, die bei wikipedia als mitglieder der gildenschaft aufgeführt werden finde ich eine überprüfung der gruppe nicht besonders hysterisch, auch wenn die vorschreiber das offenbar so sehen.

      • @schau hin:

        Naja, wenn man sich Leute anschaut, die gerade mal Anfang des 20. Jh. geboren sind, dann findet man da halt viele Nazis drunter. Das ist ja aber nun wirklich nicht verwunderlich.

         

        Von den noch lebenden Mitgliedern ist das Rechteste, was die getan haben, für die Junge Freiheit zu schreiben. Sorry, aber das muss eine Demokratie aushalten können, mag diese Zeitung auch von Leuten mit faustdickem Stock im Hintern verfasst werden/worden sein.

        • SH
          schau hin
          @Viccy:

          wenn ich das richtig verstanden habe geht es doch jetzt in einem ersten schritt darum, die gruppe unter die lupe zu nehmen. das ist doch nicht gleich undemokratisch. selbstverständlich muss unsere demokratie einiges aushalten. das tut sie im übrigen ja auch. aber es schadet der gruppe wiederum auch nicht, wenn die gemeinschaft aller ihr deutlich macht, dass sie sich für ihre positionen interessiert und gegebenfalls die grenzen des vertretbaren aufzeigt. sie sollen weiterhin denken was sie wollen, das ist doch klar. was sie sagen und tun mus im rechtlichen rahmen bleiben. wenn sie aber in ämter kommen, für die die gemeinschaft bezahlt (wie im fall hahn), dann darf die öffentlichkeit doch auch näher hinschauen.

          • @schau hin:

            Mir gefällt die Art und Weise dieser "Prüfung" nicht so richtig.

             

            Nach dem Tenor dieses Artikels von Herrn Speit gibt es sowieso nicht mehr viel zu prüfen, weil die Sache schon klar ist ;-) ... nota bene, man beachte mal die "subtil suggestive" Bild-Unterschrift...

             

            Aber davon ab: Die fdGO ist ein relativ dehnbarer Begriff. Das haben Rechtsbegriffe und insbesondere diejenigen aus dem Öffentlichen Recht so an sich. Da gibt es also kein "Richtig" unf "Falsch" wie in Mathe, da ist eine Menge - notgedrungen auch: subjektiver - Wertungsarbeit gefragt. Wenn das aber alles so schwammig ist - warum "muss" der Hahn sogleich seine Verbindung ruhen lassen, bis alles "aufgeklärt" ist? Sogar im Strafrecht gibts eine Unschuldsvermutung. Aber sobald man irgendwie "rechts" wittert, ist die Aufregung groß.