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Regierungskrise in NordirlandKontrolle verloren

Ralf Sotscheck
Kommentar von Ralf Sotscheck

Nordirlands pro-britische Regierungsministerin Foster tritt zurück. Sie verspielte das Vertrauen ihrer Partei, weil sie zu viele Fehler gemacht hat.

Nordirland: Regierungschefin Arlene Foster hat ihren Rücktritt angekündigt Foto: Phil Noble/reuters

D ie Democratic Unionist Party (DUP) hätte viele Gründe gehabt, um ihre Parteichefin Arlene Foster schon längst in die Wüste zu schicken. Da wäre zum Beispiel „Cash for Ash“, jenes Programm, das die nordirische Premierministerin 2012 ausgeheckt hatte, als sie noch Unternehmensministerin war: Unternehmen und Bauern erhielten für jedes Pfund, das sie für erneuerbare Energie ausgaben, einen Zuschuss in Höhe von 1,60 Pfund. Je mehr man heizte, desto mehr Geld floss – und die Leute heizten auf Teufel komm raus.

Man hätte sie auch wegen ihrer Haltung während der Krawalle der pro-britischen Banden feuern können. Die liefern sich seit Wochen Scharmützel mit der Polizei, und Foster schürte die Gewalt, indem sie die Legitimität der Polizei in Frage stellte. Damit versuchte sie, den Boden gutzumachen, den sie verloren hatte, weil sie das Nordirlandprotokoll im Brexit-Vertrag nicht verhindert hatte, so dass zwischen Nordirland und Großbritannien nun eine Zollgrenze besteht.

Aber das konnte sie gar nicht verhindern, weil sich in London niemand für Nordirland interessiert. Aber man benötigte einen Sündenbock, denn die DUP steht mit dem Rücken zur Wand. Die sozialen Veränderungen wie das Recht auf Abtreibung und gleichgeschlechtliche Ehe, die nun in Nordirland nach sanftem Druck aus Brüssel und London gelten, machen der Partei Angst. Sie hat die Kontrolle über das Land verloren. Noch ist sie die größte Partei, aber bei den nächsten Wahlen in einem Jahr wird sich das wohl ändern. Nun hat Arlene Foster wegen wachsenden Widerstands gegen sie in ihrer eigenen Partei ihren Rücktritt angekündigt.

Unvorstellbares Szenario

Nächsten Montag ist der 100. Jahrestag der Teilung Irlands. Damals hat man die Grenze so gezogen, dass die pro-britischen Protestanten eine bequeme Zweidrittel-Mehrheit hatten und die pro-irischen Katholiken in Schach halten konnten. Diese Mehrheit ist nun dahin, und im nächsten Jahr könnte Sinn Féin, der ehemalige politische Flügel der Irisch-Republikanischen Armee (IRA), stärkste Kraft werden.

Für die Unionisten ist das ein unvorstellbares Szenario, und sie reagieren, wie sie es immer tun: die Politiker mit Megafonrhetorik, die Hardliner an der Basis mit Gewalt. Unter Fosters Nachfolger wird sich daran nichts ändern.

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Ralf Sotscheck
Korrespondent Irland/GB
Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net
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