Regierungskrise in Italien: Für Conte wird's eng
Die erste Hürde ist geschafft, doch schon kommt für Italiens Premier die nächste. Nach der Vertrauensabstimmung im Unterhaus geht es in den Senat.
Vergangene Woche hatte Contes Regierung die Mehrheit verloren, nachdem die kleine Partei von Ex-Regierungschef Matteo Renzi, Italia Viva, ihre Verantwortlichen abzog. Danach musste der politisch angeschlagene Conte eine Vertrauensabstimmung im Unterhaus fordern – und gewann sie, weil Renzis Seite sich enthielt. Das Votum fiel mit 321 Abgeordneten für Conte, 259 gegen ihn und 27 Enthaltungen.
Im Senat hat Renzis Partei 18 Mitglieder. Conte wäre hier nicht nur auf eine Enthaltung von Italia Viva angewiesen, er müsste auch Ja-Stimmen anderer Parteien gewinnen, die nicht zur Regierung gehören.
Vor den Abgeordneten räumte Conte ein, dass es im Kampf gegen die beispiellose Coronapandemie Fehler gegeben habe, doch könne das Kabinett das „Haupt aufrecht halten“. Aus seiner Sicht habe die Regierung mit äußerster Umsicht und Achtung vor heiklen Kräfteverhältnissen agiert, vor allem mit Blick auf die Verfassung und daraus resultierenden Folgen für die italienischen Bürger.
Unmut im ganzen Land
Renzi bekam für sein als Ränkespiel kritisiertes Manöver reichlich Gegenwind, verteidigte sich aber mit dem Argument, dass Conte sonst zu viel Macht auf sich vereinen würde.
Konkret dreht sich der monatelange Streit um die Frage, wie rund 200 Milliarden Euro aus einem EU-Coronawiederaufbaufonds einzusetzen seien. Das Geld soll Italien aus einer jahrelangen wirtschaftlichen Misere heraushelfen, die sich durch die Pandemie verschlimmert hat. Renzi warf Conte Alleingänge bei der Entscheidung über die Nutzung der Mittel vor und monierte, dass der Ministerpräsident häufig per Dekret agiere und nicht das Parlament einbinde.
Conte zeigte sich in seiner Rede vor dem Unterhaus perplex, dass es ausgerechnet jetzt zu einer Regierungskrise gekommen sei. Dafür sehe er „keine plausible Grundlage“ in einer Zeit, in der „die Pandemie noch immer in vollem Gange ist“, erklärte er. Die Entwicklungen in Rom hätten „starken Unmut“ im ganzen Land hervorgerufen, gerade da nun die Prioritäten darauf liegen sollten, das Coronavirus zu bekämpfen und die Wirtschaft wiederzubeleben.
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