Regierungskrise in Brasilien: Stopp? Abgelehnt
Es wird eng für Präsidentin Dilma Rousseff. Das Oberste Gericht in Brasilien lässt ein Amtsenthebungsverfahren gegen sie zu.
Bundesstaatsanwalt José Eduardo Cardozo hatte das Oberste Gericht angerufen, um das Verfahren gegen Rousseff wegen Formfehlern zu stoppen. Die Richter wiesen auch vier ähnliche weitere Anträge zurück. Im Lauf des Freitags sollte die Debatte über eine Amtsenthebung im Abgeordnetenhaus beginnen.
Für Sonntag ist die Abstimmung geplant. Medienberichten zufolge kann die Opposition damit rechnen, die notwendige Zweidrittelmehrheit für eine Einleitung des Verfahrens zu erreichen. Das letzte Wort hat der Senat. Dort reicht eine einfache Mehrheit.
Rousseff, die seit 2011 eine Mitte-Links-Regierung führt, verlor zuletzt immer mehr Rückhalt. Mehrere Koalitionsparteien wandten sich in den vergangenen Tagen von der Staats- und Regierungschefin und ihrer Arbeiterpartei PT ab. Darunter ist die PMDB, die die größte Fraktion im Parlament und den Vizepräsidenten Michel Temer stellt. Rousseff werden Regelverletzungen beim Umgang mit Staatsgeldern und illegale Wahlkampffinanzierungen bei ihrer Wiederwahl im Oktober 2014 vorgeworfen.
Für eine Verwicklung der Präsidentin in den riesigen Korruptionsskandal um den halbstaatlichen Ölkonzern Petrobras gibt es außer einer umstrittenen Kronzeugenaussage bisher keine Anhaltspunkte. Rousseff beteuert, dass sie sich keines Fehlverhaltens schuldig gemacht habe, das eine Absetzung rechtfertigen würde. Einen Rücktritt schließt sie kategorisch aus.
Sollte auch der Senat für die Einleitung des Amtsenthebungsverfahrens stimmen, müsste Rousseff ihr Amt für 180 Tage ruhen zu lassen. Ihr Stellvertreter Temer würde in dieser Zeit die Amtsgeschäfte als Interimspräsident führen. Unterdessen würde der Senat die Amtsenthebung unter Leitung des Obersten Gerichts juristisch erneut prüfen und danach wieder abstimmen. Mit einer Zweidrittel-Mehrheit könnte Rousseff dann endgültig aus dem Amt gedrängt werden.
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