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Regierungserklärung in Polen„Rückkehr zur Normalität“

Vom „guten Wandel“ ist keine Rede mehr. Aber Mateusz Morawiecki rühmt die bisherige Sozialpolitik seiner Partei und verspricht einen Wohlfahrtsstaat.

Die PiS ist seit 2015 an der Regierung, Morawiecki (vorne rechts) ist seit Ende 2017 Premier Foto: reuters

Warschau taz | Große Visionen sehen anders aus. Für die nächsten vier Jahre seiner Regierungszeit verspricht Polens Premier Mateusz Morawiecki von der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) seinen Landsleuten die „Rückkehr zur Normalität“.

Polens Nationalpopulisten hatten bei den Parlamentswahlen im Oktober erneut die absolute Mehrheit im Abgeordnetenhaus gewonnen. Sie regieren seit 2015. Bisher punktete die Partei mit dem „guten Wandel“, dem Wiederaufbau des „Polens in Ruinen“ oder dem „Von-den-Knien-aufstehen“ in der polnischen Außenpolitik. An diesem Dienstag war von all dem nichts zu hören.

Dafür versprach der Multimillionär Morawiecki Polen „einen Wohlfahrtsstaat“, der durch den normalisierenden Einfluss der PiS auf den freien Markt entstehen werde. Die PiS wolle in Zukunft Steuerflucht und Geldwäsche stärker verfolgen, international agierende Unternehmen dazu bringen, auch in Polen Steuern zu zahlen und mehr Anreize für Privatinvestitionen geben.

Rentner würden nach wie vor von einer 13. Rente profitieren, schließlich auch von einer 14. Rente. Arme sollten Sozialhilfe erhalten. In der vergangenen Legislaturperiode sei es der PiS gelungen, rund zwei Millionen Menschen vor der Armut zu retten, rühmte der Premier.

Extreme Armut nimmt in Polen wieder zu

Was Morawiecki nicht erwähnte: dass sich der Trend längst umgedreht hat und die extreme Armut in Polen wieder zunimmt. Kein Wort auch über die neue Altersarmut, in die viele Polen in den kommenden Jahren schlittern werden, da sie die erforderlichen Beitragsjahre nicht zusammenbekommen werden. Der Grund ist die von der PiS eingeführte und von vielen Polen zunächst bejubelte Herabsetzung des Renteneintrittsalters. Da hilft dann auch keine 13. oder gar 14. Rente mehr.

Morawiecki betonte außerdem, dass das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes in Polen in den nächsten vier Jahren rund 3 bis 4 Prozentpunkte über demjenigen in der Euro-Zone liegen solle. Erreichen will er dies durch Investitionsanreize für Klein-, Mittel- und Großunternehmer. Auch ausländische Investoren sollen weiter nach Polen gelockt werden.

Allerdings setzt Morawiecki hinzu, dass der Satz „Kapital habe keine Nationalität“ Unsinn sei.„Polnisch ist die Normalität“, sagte er. Der Staat werde daher polnische Unternehmen unterstützen, so wie die ausländischen von ausländischem Kapital gefördert würden.

Auch könne es zu Repolonisierungen kommen – in Geschäftsfeldern, die von strategischem Interesse für den polnischen Staat seien. Tatsächlich hatte die PiS in den letzten Jahren immer die „Repolonisierung der Medien“ aufs Tapet gebracht und dabei insbesondere deutsche Zeitungsverlage und einen amerikanischen Medienkonzern als angeblich „marktbeherrschend“ kritisiert.

Zur EU sagte Morawiecki erstaunlich wenig

Auch die staatlichen Großprojekte, die die PiS in den nächsten vier Jahren vorantreiben will, gehören laut Morawiecki zu einer „normalen langfristigen Perspektive für Polen“. Die PiS werde zum Beispiel die Gaspipeline Baltic Pipe durch die Ostsee vorantreiben, mit deren Hilfe Polen hofft, von Gaslieferungen aus Russland unabhängig zu werden.

Zur Europäischen Union sagte Morawiecki erstaunlich wenig. Dabei gehört die EU seit der Regierungsbildung vor ein paar Tagen zum Aufgabenbereich des Premiers. Die Kompetenzen des polnischen Außenministers wurden massiv beschnitten. Der Premier betonte nun, dass die EU sich wieder stärker auf einen ihrer Grundwerte besinne solle – die Solidarität.

Morawiecki wollte am Dienstagabend die Vertrauensfrage für sein neues Kabinett stellen. Dies sieht die polnische Verfassung vor. Ein für ihn positiver Ausgang war klar: Die PiS stellt im Sejm 235 von 460 Abgeordneten.

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