Regierungsbildung in Thüringen: Heimlich aus dem CDU-Schlamassel
Die Thüringer CDU macht einen Fehler nach dem anderen. Beschlüsse der Bundespartei sind nicht hilfreich. Jetzt ist stiller Trotz angesagt.
![Mike Mohring (M), CDU-Fraktionschef in Thüringen, und Mario Voigt (r), stellvertretender CDU-Landeschef, flüstern miteinander. Mike Mohring (M), CDU-Fraktionschef in Thüringen, und Mario Voigt (r), stellvertretender CDU-Landeschef, flüstern miteinander.](https://taz.de/picture/3982330/14/24791494-1.jpeg)
D ie Thüringer CDU hat ein bemerkenswertes Talent. Wenn man denkt, dass sie schon bis zum Hals im Mist steckt und es kaum noch schlimmer kommen kann, reitet sie sich noch tiefer rein. Gerade hat sie den nächsten Schritt gemacht – einen ziemlich großen. Und eine Umkehr ist vorläufig nicht in Sicht. Bodo Ramelow hatte der CDU ein Angebot gemacht, das sie eigentlich nicht ablehnen konnte:
Der Landtag solle sich mit Stimmen von Rot-Rot-Grün und CDU auflösen, dann CDU-Frau Christine Lieberknecht zur Übergangs-Ministerpräsidentin wählen, die dann Neuwahlen vorbereiten solle. Ein durchaus listiges Angebot, weil die Umfragen für die Linkspartei gerade sehr gut, für die CDU aber miserabel aussehen. Für die CDU also eine fette Kröte.
Aber das Angebot hätte den Thüringer ChristdemokratInnen einen Ausweg aus der Sackgasse gewiesen, in der sie durch einen fatalen Beschluss des Bundesparteitags steckt – nämlich, dass eine Zusammenarbeit nicht nur mit der AfD, sondern auch mit der Linkspartei grundsätzlich untersagt sei.
Und es hätte den dramatischen Fehler, den die CDU vor zwei Wochen machte, als sie gemeinsam mit der AfD den FDP-Mann Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten wählte, zwar nicht getilgt, wäre aber zumindest ein Weg aus dem Schlamassel gewesen, in dem der Thüringer Landtag seither steckt. Doch die CDU hat es verbockt.
Sie taktierte und zögerte, auch als die Linkspartei signalisierte, sie sei bereit, den Christdemokraten in Sachen Wahltermin etwas entgegenzukommen, ihnen also die Chance gab, das Gesicht zu wahren. Am Mittwochmorgen zog Lieberknecht ihre Bereitschaft zurück – und gab ihren ParteifreundInnen ganz offen die Schuld daran.
Die Thüringer CDU ist also jetzt nicht nur eine Partei, die kopflos und führungslos irrlichtert, heillos zerstritten ist, die gemeinsame Sache mit der AfD macht und die Neuwahlen aus Angst um die eigenen Mandate partout nicht will – sie verhindert auch, dass mit einer CDU-Frau an der Spitze das ganze Thüringer Drama ein Ende findet. Das dürfte bei potenziellen WählerInnen nicht gut ankommen.
Allerdings trägt die Bundespartei mit ihrem Beschluss einen gehörigen Anteil an dem Dilemma. Als Ausweg bleibt nun eigentlich nur noch, dass vier CDU-Abgeordnete still und heimlich für Ramelow stimmen, egal was der Parteitagsbeschluss vorschreibt. Das aber hätte man gleich haben können – und wäre dann zumindest nicht ganz so tief in den Mist marschiert.
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