Regierungsbildung in Polen: Startklar für den Machtwechsel
Drei Oppositionsparteien unterzeichnen einen Koalitionsvertrag. Wer Premier wird oder welchen Posten im Kabinett bekommt, ist noch unklar.
Nach seiner Rückkehr nach Polen schaffte er es, aus drei bisherigen Oppositionsparteien eine Koalition zu schmieden, die nun die neue Regierung stellen soll. Doch wer wird für die Außen- und Innenpolitik zuständig sein, wer für Soziales, Verteidigung, Justiz und Bildung? Am Freitag, Punkt 12 Uhr, unterschrieben zwar die fünf Parteichefs, die die KO, den zentristischen Dritten Weg und die Neue Linke repräsentieren, einen Koalitionsvertrag. Doch die Neugier der Pol*innen wurde nicht befriedigt, es fiel kein einziger Name.
„Wir sind soweit“, sagte jedoch Donald Tusk. „Wir haben alles besprochen. Wenn uns Präsident Andrzej Duda morgen den Regierungsauftrag geben würde, könnten wir sofort durchstarten. „ Auf Nachfrage bekräftigte er: „Ja, wir haben auch alle Personalien schon geklärt.“
Gute Nachricht
Szymon Holownia und Władysław Kosiniak-Kamysz deren Parteien sich für liberale Katholiken und gemäßigte Bauern einsetzen und die sich zum Mitte-Rechts-Bündnis „Dritter Weg“ zusammengeschlossen haben, betonten nicht nur die gute Gesprächsatmosphäre zwischen allen Koalitionären, sondern auch den besonderen Tag.
„Es kam uns darauf an, den Bürger*innen unseres Landes noch vor dem morgigen Unabhängigkeitstag Polens eine gute Nachricht mit auf den Weg zu geben. Wir sind bereit, die Verantwortung für unser Land zu übernehmen!“ Der Bauernvertreter Kosiniak-Kamysz sagte: „Wir haben einen Plan, ein Programm für Polen, und die Idee, unseren Nachfolgern ein besseres Polen zu hinterlassen als das, dessen Regierung wir jetzt übernehmen.“
Wlodzimierz Czarzasty von der Lewica (Linke) und Robert Biedron vom ebenfalls linken Wiosna (Frühling), repräsentieren in der neuen polnischen Regierungskoalition die „Nowa Lewica“ (Neue Linke). Anders als ihre Vorredner betonten sie, dass die Gespräche schwierig gewesen seien, wenn auch vom Willen zur Zusammenarbeit geprägt.
„Dieser Koalitionsvertrag“, so Czarzasty, „ ist ein sehr breiter Kompromiss. Niemand ist ganz zufrieden, aber auch niemand ganz unzufrieden. Es gibt Wichtiges, das uns verbindet: Polen soll wieder, ein tolerantes, freies, rechtsstaatliches und verantwortungsvolles Land werden, eines, das in der EU ein starker und allseits geschätzter Partner sein wird.“
Robert Biedron vom „Frühling“ war der einzige unter den Parteivorsitzenden, der konkret die Frauenrechte ansprach, die in der Regierungszeit der nationalpopulistischen Recht und Gerechtigkeit (PiS) stark eingeschränkt worden waren.
Noch kommen das derzeit fast totale Abtreibungsverbot und seine Abschaffung nicht im Koalitionsvertrag vor. Aber Biedron versicherte: „Elfeinhalb Millionen Pol*innen haben für eben diese Koalition gestimmt. Und wir, die Linken, werden dafür sorgen, das auch dieses Problem gelöst werden wird.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin