piwik no script img

Regierungsbildung in Israel gescheitertSchon wieder Neuwahl

Niemand schafft es, eine Regierungskoalition zu bilden. Das Parlament beschließt seine Auflösung. Die nächste Wahl ist am 2. März.

Bekommt keine Regierung zustande und kämpft um Immunität: Israels Benjamin Netanjahu Foto: dpa

Jerusalem dpa | Die Bemühungen um eine Regierungsbildung in Israel sind nach der Wahl im September gescheitert. Das Parlament stimmte am frühen Donnerstagmorgen für seine Auflösung, die Neuwahl wird am 2. März 2020 stattfinden, wie das Parlament in Jerusalem mitteilte.

Dies wird dann nach April und September 2019 die dritte Wahl innerhalb eines Jahres sein. Um Mitternacht verstrich eine letzte Frist zur Regierungsbildung. Danach stimmte das Parlament auch in zweiter und dritter Lesung dem Gesetzentwurf zur Auflösung zu. Nun haben die Politiker 82 Tage Zeit für den nächsten Wahlkampf.

Schon zweimal wurde in diesem Jahr in Israel ein neues Parlament gewählt, wegen einer Pattsituation zwischen dem rechtsreligiösen und dem Mitte-links-Lager gelang jedoch keine Regierungsbildung. Bemühungen um die Bildung einer großen Koalition zwischen Blau-Weiß und dem rechtskonservativen Likud des bisherigen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu waren nach der Wahl am 17. September ebenfalls gescheitert.

Netanjahu war es auch nach der vorangegangenen Wahl im April nicht gelungen, eine Koalition zu formen. Er ist seit 2009 durchgängig im Amt.

Es bleibt dasselbe Spiel: pro Netanjahu, anti Netanjahu

Der Regierungschef bestand nach der Wahl im September darauf, mit einem ganzen Block rechter und religiöser Parteien in das Bündnis einzutreten. Sein Herausforderer Benny Gantz hatte sich zur Bildung einer liberalen, säkularen Koalition verpflichtet und lehnte auch ein Bündnis mit Netanjahu als Regierungschef wegen der Korruptionsvorwürfe ab.

Netanjahu steht massiv unter Druck, weil Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit ihn wegen Korruption anklagen will. Bei den Vorwürfen geht es um den Verdacht der Beeinflussung von Medien, angeblich krumme Deals mit Unternehmen und Luxusgeschenke befreundeter Geschäftsleute im Gegenzug für politische Gefälligkeiten. Netanjahu hat noch bis zum 1. Januar Zeit, beim Parlament Immunität gegen Strafverfolgung zu beantragen.

Gideon Rahat, Politikprofessor von der Hebräischen Universität in Jerusalem, erwartet für den anstehenden Wahlkampf keine neue Strategie der Parteien: „Das wird dasselbe Spiel sein, pro Netanjahu, anti Netanjahu.“ Und Avigdor Lieberman von der ultrarechten Partei Israel Beitenu werde erneut versuchen, eine Position in der Mitte zu finden und eine große Koalition durchzusetzen.

Netanjahu werde versuchen, Wähler für sich zu gewinnen, indem er sie dazu aufrufe, ihn vor „den bösartigen Leuten zu beschützen“, die ihn mit Korruptionsunterstellungen aus dem Amt jagen wollten, sagt Rahat. Die andere Seite werde argumentieren: „Er ist korrupt und sollte nicht der Ministerpräsident sein.“

Blau-Weiß war bei der Wahl im September zwar mit 33 von 120 Mandaten als stärkste Kraft aus der Wahl hervorgegangen. Der Likud kam auf 32 Mandate. Netanjahu erhielt allerdings 55 Empfehlungen von Abgeordneten für das Amt des Ministerpräsidenten, Gantz eine Stimme weniger.

Netanjahus Likud-Partei wird am 26. Dezember zudem einen neuen Vorsitzenden wählen, wie die Partei am Mittwoch bestätigte. Der 70 Jahre alte Netanjahu will bei der Wahl trotz der Korruptionsanklage wieder antreten. Netanjahus einflussreicher Rivale, Ex-Erziehungsminister und -Innenminister Gideon Saar, will ebenfalls den Parteivorsitz übernehmen und Ministerpräsident werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!