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Regierungsbildung in FrankreichWie lange noch?

Harriet Wolff
Kommentar von Harriet Wolff

Macron ignoriert weiter das Ergebnis der französischen Parlamentswahlen. Dabei hat er dort die Früchte seiner eigenen Politik geerntet.

Waffendeals statt Regierungsbildung: Emmanuel Macron und Aleksandar Vučić Foto: Djordje Kojadinovic/reuters

B ig Business geht vor. Nach einer Woche erfolgloser Audienzen, die Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gewährt hat, um das Pre­mier­mi­nis­te­r:in­nen­amt zu besetzen, ist er – der ohne größere Not das Parlament im Juni aufgelöst und damit die bestehende politische Krise extrem verstärkt hat – kurz mal nach Serbien abgedüst. Macron macht dort einen lukrativen Waffendeal klar, mit dem zwielichtigen und russlandfreundlichen Präsidenten Aleksandar Vučić.

Macron, dessen Parteienbündnis Ensemble bei den vorgezogenen Parlamentswahlen herb verloren hatte, lässt sich immer noch Zeit, das Amt zu besetzen. Ein selbstgefälliger Akt, der sein ohnehin geringes Ansehen in der französischen Gesellschaft, aber auch die Stimmung im Lande bitter beschädigt. Ständig predigt Macron, dass ihm eine kompromissbereite, große Koalition guter De­mo­kra­t:in­nen vorschwebe, allein, er ist derjenige, der kompromissunfähig ist.

Macron steht vor dem Salat, den er angerichtet hat

Was er dem siegreichen Bündnis Nouveau Front Populaire (NFP) vorwirft, dass es für dieses nichts außer dem Programm der NFP gäbe, trifft für ihn zu: Er will hinter und vor den Kulissen einfach alles bestimmen. Der ­Präsident, der sich trotz Niederlage innenpolitisch stets als Marionetten-Maestro begreift, steht jetzt vor dem politischen Salat, den er selbst angerichtet hat, durch sieben Jahre die französische Parteienlandschaft Kaputtmachen. Inklusive einem ­gefährlich erstarkten ultrarechten ­Rassemblement National, das sich stets falscher und noch staatstragender gibt.

Fast niemand hat derzeit Lust, sich als neuer Regierungschef von Macron herumkommandieren zu lassen, ohne Mehrheit im Parlament dazustehen, beziehungsweise durch Misstrauensvoten gestürzt zu werden. Wer strategisch und machtbewusst denkt, hat als ­Po­li­ti­ke­r:in in Frankreich jetzt vor allem die Präsidentschaftswahlen im Jahr 2027 vor Augen.

Und dennoch: Jenseits des linken Volkstribunen Jean-Luc Mélenchon von La France Insoumise (LFI), dessen Lebensziel es ist, die französische Gesellschaft nutzlos zu polarisieren, gibt es nach Lösungen suchende Po­li­ti­ke­r:in­nen im Linksbündnis NFP – was wahrscheinlich zu dessen Bruch führen wird. Selbst die von Macron abgelehnte, vom NFP nominierte Premierministerkandidatin Lucie Castets hat vorsichtige Verhandlungsbereitschaft erklärt. Sie meint es im übrigen Ernst mit ihrer Kandidatur – eben hat sie ihren eigentlichen Job gekündigt.

Ironie der Geschichte: Es könnte Macron in dieser verfahrenen Situation bald nichts anderes übrigbleiben, als Bernard Cazeneuve als Regierungschef anzufragen. Er war der letzte Premierminister unter dem Sozialisten François Hollande – bevor Macron 2017 die Präsidentschaftswahlen gewann …

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Harriet Wolff
Wahrheit-Redakteurin
Seit 2013 bei der taz-Wahrheit, zeitweise auch Themenchefin in der Regie und Redaktionsrätin. Außerdem Autorin mit Schwerpunkt Frankreich-Themen
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2 Kommentare

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  • In Frankreich bestimmt das präsidiale System die Politik. Seit De Gaulles Verfassung bestimmt der Präsident am Parlament vorbei...und sei es mittels Notverordnungen. Er will die Volksfront spalten, die ihrerseits vor allem ein Zweckbündnis ist. Macron wird bis zum Ende seiner Zeit regieren und auf ihn wird dann Le Pen und ihren Rassistenpartei kommen. In Frankreich gilt: Macht geht vor Demokratie....und auch Linke wie Mitterand oder Hollande wollten daran nichts ändern. L'Etat c'est moi...

  • Es ist wirklich ein unverschämtes Verhalten Macrons. Er gibt vor, Frankreich werde instabil unter einer Minderheitenregierung. Dabei ist es er selbst, der Frankreich derzeit in die Instabilität führt. Derweil freut sich die extreme Rechte. Und auch wenn LFI angedeutet hat, sich aus dem Kabinett unter Lucie Castets herauszuhalten und diese Verhandlungsbereitschaft mit der zentristischen Seite andeutet, gibt Macron den Louis XIV. Er hat sich mit seinem Vabanquespiel à la Machiavelli selbst ins Knie geschossen und das Gegenteil einer Schwächung von Le Pens Position erreicht.



    Das ist einerseits beschämend und andererseits arrogant.



    Vor einigen Tagen ist mir ein Bild zugeschickt worden, auf dem Macron eine Medikamentenpackung mit der Aufschrift "Napoleon Komplex Forte" in der Hand hält. Das Medikament sollte man bei ihm absetzen…