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Regierung vereinbart LieferkettengesetzMenschenrechte achten

Die Bundesregierung will deutsche Unternehmen dazu verpflichten, Menschenrechte bei Lieferanten im Ausland durchzusetzen. Verbände können klagen.

Das Lieferkettengesetz soll Kinderarbeit und Hungerlöhne bei ausländischen Zulieferern eindämmen Foto: Tim Brakemeier/dpa

Berlin taz | Erstmals werden deutschen Unternehmen strikte gesetzliche Pflichten für die weltweite Einhaltung der Menschenrechte auferlegt. Dass sie sich auf den Entwurf für das Lieferkettengesetz geeinigt haben, gaben Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU), Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am Freitag bekannt.

Das Lieferketten- oder auch Sorgfaltspflichtengesetz beschäftigt die Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD seit Jahren. Es geht darum, dass in Deutschland sitzende, produzierende und verkaufende Unternehmen mehr Verantwortung für die Zustände in ihren ausländischen Zulieferfabriken übernehmen sollen. Dort sind die sozialen und ökologischen Bedingungen oft schlecht.

„Das ist das bislang stärkste Gesetz in der Europäischen Union“, sagte Heil. „Die Menschenrechte werden weltweit besser geschützt“, so Altmaier, „aber die deutsche Wirtschaft soll nicht schlechter dastehen.“ Deshalb soll das Gesetz zwar Anfang 2022 in Kraft treten, aber erst ab 1. Januar 2023 von zunächst rund 600 Unternehmen mit mehr als 3.000 inländischen Beschäftigten umgesetzt werden. Von Anfang 2024 an gilt es auch für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeiter:innen. Das betrifft etwa 2.900 Firmen. „Der Mittelstand fällt also nicht darunter“, sagte Altmaier.

Laut Heil müssen hiesige Unternehmen künftig ihre Lieferkette untersuchen und dies in Risikoberichten dokumentieren. Dabei gibt es jedoch Abstufungen. Die höchsten Standards gelten im eigenen Betrieb. Dann folgen etwas abgeschwächt die direkten Zulieferer. Um die Zustände bei deren Vorlieferanten müssen sich die hiesigen Firmen nur kümmern, wenn es einen Anlass zur Sorge gibt.

Bei Verstößen drohen Bußgelder

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) in Eschborn bei Frankfurt/Main, eine nachgeordnete Behörde des Wirtschaftsministeriums, wird die Dokumente der Firmen überprüfen und bei Bedarf Kontrollen im In- und Ausland durchführen. Halten Unternehmen die Regeln nicht ein, drohen ihnen „Zwangs- und Bußgelder“, so Müller. Bei deutlichen Verstößen können Betriebe zur Strafe sogar für drei Jahre von öffentlichen Ausschreibungen in Deutschland ausgeschlossen werden.

Während Müller und Heil den Ar­bei­te­r:in­nen der Zulieferfabriken ursprünglich den Gang zu deutschen Gerichten erleichtern wollten, hat Altmaier das verhindert. Eine verschärfte zivilrechtliche Haftung gibt es im Gesetzentwurf nicht. Allerdings sollen Gewerkschaften, Bürgerrechts- und Entwicklungsorganisationen künftig die Möglichkeit bekommen, im Namen von ausländischen Geschädigten vor hiesigen Gerichten zu klagen. Diese Drohung dürfte Firmen anspornen, das Gesetz einzuhalten.

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