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Regierung in Portugal gestürztKorruptionsvorwürfe gegen Premier Montenegro

Regierungschef Montenegro scheiterte am Dienstagabend bei der Vertrauensfrage. Damit steht das Land vor der dritten Wahl in drei Jahren.

Vor dem Aus: die konservative Minderheitsregierung des portugiesischen Premierministers Luis Montenegro (M.) Foto: Armando Franca/AP/dpa

Madrid taz | Portugal steht zum zweiten Mal in nur einem Jahr vor vorgezogenen Neuwahlen. Der Chef der konservativen Sozialdemokratischen Partei Portugals (PSD), Luis Montenegro, stellte am Dienstagnachmittag – ein Jahr nach seinem Wahlsieg – die Vertrauensfrage im Parlament und verlor am Abend bei der Abstimmung mit 88 zu 142 Stimmen. Nur seine PSD und zwei kleinere rechte Parteien stimmten für Montenegro.

Die zweitstärkste Partei, die Sozialistische Partei (PS) und die dritte Kraft, die rechtsextreme Chega (zu deutsch: Genug), verweigerte dem Premier ebenso das Vertrauen, wie die restlichen Kleinformationen. Montenegros Minderheitsregierung ist damit Geschichte. Staatspräsident Marcel Rebelo de Sousa hat die Parteien für Mittwoch zu Beratungsgesprächen eingeladen. Aller Voraussicht nach wird er für Mitte Mai Neuwahlen anzusetzen.

Das Scheitern der Regierung hatte sich in den letzten Wochen angebahnt. In den letzten 24 Tagen überlebte Montenegro zwei Misstrauensvoten im portugiesischen Parlament, eines der rechtsextremen Chega und eines der Kommunistischen Partei (PCP). Beide warfen Montenegro Korruption vor.

Die Sozialisten stützten ihn bei beiden Abstimmungen und forderten einen Untersuchungsausschuss. Montenegro, der immer wieder seine Unschuld beteuert, weigerte sich jedoch, dem zuzustimmen und trat stattdessen mit der Vertrauensfrage die Flucht nach vorn an. „Zwei Monate Instabilität sind besser als anderthalb Jahre Zerfall und Stillstand“, begründete der 52-Jährige Anwalt und Unternehmer diesen Schritt.

Vorwurf: Vorteilsnahme

Die Vorwürfe gegen den Premier gehen auf mehrere Presseberichte zurück. Ein von Montenegro gegründetes Unternehmen, das mittlerweile seiner Frau und seinen Kindern gehört, soll den Berichten zufolge von der Hotel- und Kasinogruppe Solverde monatlich 4.500 Euro für Beratungstätigkeiten erhalten haben. Solverde wiederum hatte zwei Projekte beantragt, über deren Bewilligung die portugiesische Regierung entscheidet.

Außerdem habe die Regierung das Bodengesetz geändert, um die Umwandlung ländlichen Gebietes in Baugrund zu erleichtern. Auch dadurch könne seine Frau Gewinne erzielen, schließlich sei sie auch im Immobiliensektor aktiv. Es bestünde der Verdacht auf einen Interessenkonflikt, so Presse, Rechtsextreme und Kommunisten. Montenegro bezeichnet die Vorwürfe als „absurd“. „Ich habe mich weder eines Vergehens schuldig gemacht noch habe ich ethische Fehler begangen“, erklärte er einmal mehr vor der Abstimmung im Parlament.

Montenegro, der bei den kommenden Wahlen trotz negativer Umfragewerte erneut für seine PSD antreten will, verwies immer wieder darauf, dass er bereits 2022, als er zum Vorsitzenden der PSD gewählt wurde, alle Beteiligungen am Unternehmen seiner Frau abgegeben habe. Die Presse lässt dies nicht gelten. Er sei schließlich in Zugewinngemeinschaft und nicht unter Gütertrennung mit ihr verheiratet. Der Beratervertrag läuft seit Juli 2021, lange bevor Montenegro Parteivorsitzender und Regierungschef wurde. Die Staatsanwaltschaft prüft mittlerweile eine anonyme Beschwerde gegen ihn.

Oppositionsführer Pedro Nuno Santos, dessen PS mit ihren Stimmen Montenegros Sturz besiegelte, wirft dem Premier vor, es wolle das Land lieber „in den Dreck ziehen“, als sich der Prüfung der parlamentarischen Untersuchungskommission zu stellen. Die Vertrauensfrage sei „ein feiges Rücktrittsgesuch, denn er hatte nicht den Mut, die Konsequenzen seines Rücktritts zu akzeptieren“.

Profitiert die rechtsextreme Chega-Partei?

Es ist das zweite Mal in nur eineinhalb Jahren, dass eine Regierung in Portugal vorzeitig fällt. Bereits Montenegros Vorgänger, der Sozialist António Costa, war Ende 2023 der Korruption beschuldigt worden. Es ging um die Vergabe von Lizenzen zum Abbau von Lithium und zur Produktion von grünem Wasserstoff. Er trat zurück, „um die Würde des Amtes nicht zu beschädigen“.

Nur wenige Tage später stellte sich heraus, dass Costas Name nur wegen eines Transkriptionsfehlers seitens der Staatsanwaltschaft in den Akten gelandet war. Die Ermittlungen gegen ihn wurden schnell eingestellt. Auch mehrere Vorwürfe gegen sein politisches Umfeld erwiesen sich als haltlos. Mittlerweile ist Costa EU-Ratspräsident.

Bei den vorgezogenen Neuwahlen im März verloren die Sozialisten dennoch ihre Mehrheit. Stärkste Partei wurde die PSD von Montenegro, der seither in Minderheit regiert hat. Der große Wahlsieger war die rechtsextreme Chega unter Fernsehkommentator André Ventura, die auf Anhieb drittstärkste Kraft wurde. Es steht zu befürchten, dass die kommenden Wahlen ihnen weiteren Stimmenzuwachs bescheren.

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