Regierung im Kongo: Der Präsident ist müde, das Volk auch
Kongos Präsident Joseph Kabila wendet sich nach Monaten des Schweigens an die Nation. Das wichtigste Thema lässt er aus: sich selbst.
Der 45-Jährige sieht müde aus, hat dunkle Augenringe. Seine Statur wirkt kräftiger als sonst, wahrscheinlich trägt er eine schusssichere Weste unter dem Jackett. Mit einer Schweigeminute „für alle Töchter und Söhne, die seit Beginn des Jahres 2017 ihr Leben gelassen haben“, beginnt Kabila seine rund 40-minütige Rede.
Zuerst spricht er über die Wirtschaft und „Frieden und Stabilität“ im Osten des Landes. Dann kommt er auf die negativen Punkte zu sprechen: Die Gewalt in Kasai nennt er „barbarische Akte“, die von „Terroristen“ ausgeführt würden. Er verspricht neue Finanzgesetze, Änderung des Minengesetzes, mehr Privatinvestitionen.
Zum Ende hin verkündet Kabila, worauf die Kongolesen weltweit gewartet haben: Er verspricht, innerhalb von 48 Stunden einen Premierminister zu ernennen. Die Opposition solle ihm eine Kandidatenliste unterbreiten. Er garantiert, dass Wahlen stattfinden – allerdings selbstfinanziert und „ohne Einmischung von außen“. Letzte Woche hatte der UN-Sicherheitsrat in einer Resolution die Einhaltung des Abkommens zwischen Regierung und Opposition über Wahlen im Jahr 2017 angemahnt und Unterstützung dafür zugesagt.
Wahlen soll es Ende 2017 geben
Mit der Zusicherung, dass keine „Apokalypse“ bevorstehe und Gott auf der Seite der kongolesischen Nation stehe, beendet Kabila seine Rede. Über sich selbst sagt er im Endeffekt kein Wort – dabei geht es in Kongos politischer Krise um ihn.
Kabilas Rede ist Teil seines Schachspiels. Der Präsident wollte der Opposition den Wind aus den Segeln nehmen. Die hatte für Montag und Mittwoch Generalstreiks angesetzt. Kabila hingegen lud am Montag die Bischöfe und Oppositionellen in seinen Palast ein und kündigte für Mittwoch seine Rede an. Der Streik fiel damit aus.
Kabilas reguläre Amtszeit war am 19. Dezember 2016 abgelaufen. Die Oppositionsparteien mobilisierten ihre Anhänger. Es kam zu Unruhen und Gewalt. Unter Vermittlung der einflussreichen katholischen Kirche und deren Bischofskonferenz (Cenco) wurde zum Jahreswechsel ein Abkommen eingefädelt: Eine Übergangsregierung unter Führung der Opposition soll Wahlen Ende 2017 vorbereiten, Kabila bleibt so lange an der Macht. Aber auf einen Premierminister konnte man sich bislang nicht einigen. Jetzt soll laut Kabila ein Regierungschef in den nächsten zwei Tagen sein Amt antreten. Wer – das ist noch geheim.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung