Regierung holt Kritiker ins Land: Aus dem Exil nach Tschetschenien

Tschetscheniens Exilpremier Achmed Sakajew ist zu einer Rückkehr in sein Land bereit - offenbar auf Druck der Regierung in Grosny. Die braucht ihre Kritiker.

Dicke Freunde: Ohne Russland und Wladimir Putin geht in Kadyrows Tschetschenien nichts. Bild: dpa

BERLIN taz Der Chef der tschetschenischen Exilregierung, Achmed Sakajew, der derzeit in London lebt, ist zu einer Rückkehr in seine Heimat bereit. Dies kündigt der tschetschenische Präsident Ramsan Kadyrow in einem am Dienstag erschienenen Interview mit der Rossijskaja Gazeta an.

In einem Gespräch mit Kadyrow soll Sakajew gleichzeitig angeboten haben, auch andere Emigranten zu einer Rückkehr zu überreden. Sollte es Kadyrow wirklich gelingen, seinen bekanntesten Kritiker zu einer Rückkehr nach Tschetschenien zu bewegen, wäre dies ein entscheidender Schlag gegen seine Widersacher. Zwar hatte es in der Vergangenheit wiederholt Offerten an den Exilpolitiker gegeben, doch zum ersten Mal, berichtet der siegessichere Kadyrow, habe Sakajew dieses Angebot auch angenommen, ja er sei sogar selbst an ihn herangetreten.

Achmed Sakajew, von Beruf Schauspieler, war seit 1982 am dramaturgischen Theater von Grosny tätig, bevor der damalige Präsident Dschochar Dudajew ihn 1995 als Kulturminister in die Regierung holte. Der Befehlshaber einer gegen Russland kämpfenden Einheit war anschließend Sicherheitsberater des späteren Präsidenten Tschetscheniens, Aslan Maschadow, seit Oktober 1998 stellvertretender Ministerpräsident Tschetscheniens sowie zentraler Unterhändler auf der tschetschenischen Seite in den Verhandlungen mit Russland. Im März 2000 floh Sakajew.

Auch wenn sich die Anzeichen einer baldigen Rückkehr von Sakajew mehren, spricht doch vieles dagegen, dass er dies aus freien Stücken tut. Ausgerechnet Magomed Chambiew, der unter Aslan Maschadow noch im Amt als Verteidigungsminister der Tschetschenischen Republik Itschkeria war und sich im März 2004 der Regierung Kadyrow ergeben hatte, hatte die ersten Kontakte zu Sakajew eingefädelt. Dieser Umstand dürfte Sakajew gezeigt haben, wie stark der Druck der tschetschenischen Machthaber auf ihn ist und wie ausweglos seine Lage.

Magomed Chambiew hatte sich im März 2004 den Kadyrow-Truppen gestellt, nachdem diese zwanzig seiner Angehörigen entführt und mit deren Erschießung gedroht hatten, sollte sich Chambiew nicht freiwillig stellen. Dies hatte seinerzeit das Internetportal Kavkazkij Uzel, das die russische Menschenrechtsorganisation Memorial betreibt, berichtet.

Zahlreiche Morde in der jüngsten Zeit an profilierten Widersachern Kadyrows außerhalb Tschetscheniens - unter ihnen der in Wien lebende ehemalige Leibwächter Kadyrows, Umar Israilow, der diesen öffentlich der Folter beschuldigt hatte -, sowie die jüngsten Äußerungen des russischen Botschafters in London, Russland werde weiter auf einer Auslieferung Sakajews beharren, dürften bei Sakajew den Entschluss haben reifen lassen, der Rückkehraufforderung von Ramsan Kadyrow zuzustimmen.

Kadyrow braucht die öffentliche Reue und freiwillige Rückkehr seiner Widersacher, sind diese doch der Beleg dafür, dass sich die Lage in Tschetschenien stabilisiert.

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